Zu Gast beim Harbour Front Literaturfestival: Der ukrainische Schriftsteller Andrej Kurkow
Der begnadete Schriftsteller, Journalist und Ukrainische PEN-Präsident spricht elf Sprachen und konnte deshalb auf Deutsch erzählen, wie sein Leben und das seiner Kollegen nach dem Einmarsch der russischen Truppen aussieht. Und er las natürlich aus seinem neuesten Roman "Samson und Nadjeschda".
Andrej Kurkow wurde in Russland geboren, zog aber schon als Kind mit seinen Eltern nach Kiew. Er schreibt seine Bücher auf Russisch, alles andere aber auf Ukrainisch. Zitat: "Putin wollte die russischsprachigen Menschen befreien, da hat er aber einen Fehler gemacht. Ich muss nicht befreit werden, ich fühle mich frei." Als der Krieg begann, floh er mit seiner Frau aus Kiew, inzwischen leben sie in der Nähe der ungarischen Grenze oder auch in London.
Zur Zeit hat er nicht die Ruhe, Bücher zu schreiben. Trotzdem werden die zwei Fortsetzungen von "Samson und Nadjeschda" nächstes Jahr erscheinen, da er sie schon vor Kriegsbeginn schrieb. Er reist im Moment viel um die Welt, eingeladen, um gleichsam als das "kulturelle Sprachrohr der Ukraine" Aufklärung über sein Land zu leisten und um Hilfe für seine teilweise in Not geratenen Kollegen zu bitten.
Er hat nicht seinen Humor verloren. Und er ist der lebende Beweis dafür, dass die Kultur der Ukraine auch unter diesen schwersten Bedingungen weiterlebt.
"Samson und Nadjeschda" von Andrej Kurkow
Kiew, 1919: In den lebensgefährlichen Zeiten nach der Russischen Revolution wird der Vater des jungen Samson von Rotarmisten umgebracht und ihm schlagen sie ein Ohr ab. Plötzlich ist er allein und weiß nicht, wie es mit seinem Leben weitergehen soll. Dann quartieren sich auch noch zwei Rotarmisten in seiner Wohnung ein und beschlagnahmen seines Vaters Schreibtisch, in dem er auch sein Ohr aufbewahrt. Als er sich bei der neuen sowjetischen Polizei beschwert, wird ihm überraschend ein Job angeboten. Sein erster Fall als Ermittler ist gleich äußerst mysteriös: Ein Knochen aus reinem Silber und ein Anzug aus feinem englischem Tuch mit merkwürdigen Maßen geben ihm Rätsel auf. Durch seine Hausmeisterin lernt er Nadjeschda kennen, die ihm Zuversicht vermittelt und an die er schon bald sein Herz verliert. Job und neue Liebe helfen ihm, sich in diesen harten Zeiten zu behaupten und seinem Leben wieder etwas Freude abzugewinnen.
Andrej Kurkow ist ein begnadeter Erzähler, er berichtet lakonisch und realistisch, doch fügt er seinen Romanen immer etwas Märchenhaftes hinzu. Und so bekommen Armut, Kälte, Hunger und Gefahr auch immer etwas Zauberhaftes, das tröstet und fesselt. Und ja, Kurkows neuster Roman ist auch ein Krimi!
"Samson und Nadjeschda" von Andrej Kurkow, übersetzt von Johanna Marx und Sabine Grebing, ist bei Diogenes erschienen und kostet 20,99 Euro.
Wer einen Krimi liest, ist oft nicht nur von der aufreibenden Arbeit der Kommissarinnen und Kommissare gefesselt, sondern freut sich auch, wenn er die Ermittler bei einem weiteren Fall begleiten kann. Und so spielen in vielen Krimis die Lebensumstände, Familie und oft auch persönliche Niederlagen der ErmittlerInnen eine große Rolle und die Fans warten ungeduldig auf den nächsten Band…
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