Buchtipps: Zwei ungewöhnliche Heldinnen

Die Hauptfiguren der hier vorgestellten Bücher leben beide in Italien, beide gelten nach herrschendem Geschmack nicht als gutaussehend, beide haben kein einfaches Leben, aber einen eigenwilligen Kopf. Sie resignieren nicht und suchen sich ihren eigenen Weg - absolut lesenswert, was Raffaella Romagno und Milena Agus hier zu Papier gebracht haben!

Dieses ganze Leben

Paola ist 16, lebt in einer italienischen Stadt in einer Villa in einem teuren Wohnviertel und ihre Eltern und Großeltern haben eine große Firma. Doch das ist auch schon alles, was an ein verwöhntes Töchterchen aus gutem Hause erinnert. Denn Paola ist dick, hat fettige Haare und jede Menge Pickel. In der Schule wird sie gemoppt, ihr Bruder Richi sitzt im Rollstuhl und der Umgang mit ihm ist auch nicht gerade einfach. Ihre schöne, schlanke Mutter und ihre elegante, schlanke Großmutter versuchen alles, um Paola umzupolen - vergebens. Sie findet es deutlich spannender, zu lesen oder mit ihrem Bruder in dem Viertel mit Fabriken und sozialem Wohnungsbau unterwegs zu sein, dort auf einer Bank zu hocken und Chips zu essen. Denn dort vermutet Paola das wahre Leben. Dabei lernen sie Antonio und seinen kleinen Bruder Filippo kennen, die mit ihren Eltern in einer winzigen Wohnung leben. Und tatsächlich erfährt Paola auf der anderen Seite der Hauptstraße mehr über das "wahre Leben" - auch wenn es anders ist als gedacht.

Wunderbar, wie Raffaella Romagnolo hier allen Paolas dieser Welt ein Denkmal setzt und zeigt, wie diese sich neben "Germanys next Topmodel", Hochglanzfotos auf Instagram und oberflächlichen Modepüppchen ihren eigenen Weg suchen. Das ist das Wunderbare am Lesen: Wir dürfen die Gedanken der Hauptfigur miterleben - also was interessiert uns ihr Äußeres?

"Dieses ganze Leben" von Raffaella Romagnolo ist als gebundenes Buch bei Diogenes erschienen und kostet 22 Euro.

Eine fast perfekte Welt

Buchtitel: Eine fast perfekte WeltEsther hat während des ganzen Zweiten Weltkrieges auf die Rückkehr ihres Verlobten Raffaele nach Sardinien gewartet. Als sie ihn das erste Mal wiedersieht, ist sie enttäuscht – heiratet ihn aber trotzdem. Es gibt keine Arbeit auf Sardinien, deshalb gehen sie nach Mailand. Esther fühlt sich dort nicht wohl, obwohl sie ihre Tochter Felicita bekommt. Die Kleine hat sehr eigene Vorstellungen davon, was sie will und was nicht. Sie ist auch ziemlich dick, weil sie so gerne isst – was Esther auch nicht gefällt. Eines Tages geht die Familie zurück nach Sardinien und wohnt im Haus von Esthers Mutter, die ebenfalls sehr eigenwillig ist und erwartet, dass sich alle nach ihr richten. Felicita lässt sich davon nicht beirren. Sie beginnt ein Verhältnis mit dem Sohn der einzigen adeligen Familie im Ort, weil sie ihn liebt. Doch als sie schwanger wird und er sie heiraten will, lehnt sie ab – weil er sie nicht liebt. So zieht sie ihren Sohn alleine groß...

Was ist Glück – oder zumindest Zufriedenheit? Milena Agus` Protagonisten denken darüber nicht nach. Trotzdem gelingt es Felicita bedeutend besser als ihrer Mutter, ein Leben nach ihren Wünschen einzurichten und ihren eigenen Weg zu gehen. Und so gibt sie auch ihrem Sohn das Rüstzeug, seinen ganz eigenen Weg zu finden. Milena Agus schreibt über Menschen, in die man sich schwer hineindenken kann – sie geben einem eher Rätsel auf und regen zum Nachdenken an.

„Eine fast perfekte Welt“ von Milena Agus ist als gebundenes Buch bei dtv erschienen und kostet 20 Euro.

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