Jugendbücher in Versform

Zwei Bücher mit einem besonderen Erzählstil führen Jugendliche ab 14 Jahren an Probleme von großer Tragweite heran: Addie wird mit 15 Jahren schwanger und entschließt sich zur Abtreibung. Nicu und Jess wachsen in sozialen Brennpunkten auf und drohen daran zu zerbrechen.

Frag mich, wie es für mich war

Addie ist 15 Jahre alt und geht auf eine katholische Mädchenschule. Sie lebt in einem intakten Elternhaus, hat Freunde, ist sportlich und gut in der Schule. Seit kurzem ist sie mit Nick zusammen. Er ist Bassist einer Band und im Gegensatz zu seinem ständig betrunkenen Freund Craig ein einfühlsamer, aufmerksamer und liebevoller junger Mann. Ihre Gedanken und Gefühle schreibt Addie in Versform auf – auch ihre riskante Gleichung: Eins plus eins plus / null Kondome macht / bittebittebitte nicht drei. Doch es ist so: Addie ist schwanger und entschließt sich, unterstützt von Nick und ihren Eltern, zu einer Abtreibung. Alles verläuft ohne Komplikationen und nach Plan und doch ist danach nichts mehr so, wie es war. Keiner soll von dem Eingriff erfahren, auch nicht Addies beste Freundin Claire, und dennoch spüren alle, dass sich etwas verändert hat. Besonders für Addie ist nichts mehr so, wie es einmal gewesen ist und erst allmählich wird ihr die Dimension ihrer Entscheidung bewusst.

Die Geschichte über ersten Sex, Lieb, Schwangerschaft und Abtreibung ist eine Aneinanderreihung von Gedanken, inneren Monologen, Notizen und Versen, die schnell zu lesen sind, aber lange nachwirken. Der ungewöhnliche Erzählstil öffnet dem Leser ein breites Feld an Interpretationen und bietet viel Raum für eigene Gefühle und Gedanken.

„Frag mich, wie es für mich war“ von Christine Heppermann ist im Verlag Beltz & Gelberg erschienen, für Jugendliche ab 14 Jahren geeignet und kostet 13,95 Euro. ISBN 978-3-407-82360-1

Nicu & Jess

Jess und ihre Freundinnen werden beim Ladendiebstahl erwischt. Während die anderen davonkommen, wird Jess verurteilt, Sozialstunden zu leisten und jeden Samstag im Park Müll zu sammeln. Dort lernt sie den Rumänen Nicu kennen, den das gleiche Schicksal ereilt hat. Jess steckt voller Wut und Enttäuschung und droht an ihrem häuslichen Umfeld zu zerbrechen. Ihr Stiefvater Terry ist gewalttätig, schlägt und demütigt Jess’ Mutter und geht mittlerweile so weit, Jess zu seiner Komplizin zu machen, indem er das Mädchen zwingt, ihn dabei zu filmen, wie er ihre Mutter quält. Immer öfter trifft sich Jess mit Nicu, von dem sie sich immer mehr verstanden fühlt. Zum ersten Mal ist da jemand, dem sie von ihren Problemen erzählen kann. Jemand, dem sie sich öffnet. Für alle anderen ist Nicu ein „Zigeunerwolfsjunge“, der nicht einmal richtig ihre Sprache spricht und mit dem sie nichts zu tun haben wollen. Der stets freundliche und sanftmütige 15-Jährige lebt seit kurzem mit seiner Mámicá und seinem Tata in einer heruntergekommenen Mietshaussiedlung. Mit Schrottsammeln will die kleine Familie möglichst viel Geld verdienen, um in ihre Heimat zurückzukehren und Nicu zu verheiraten. Doch der Junge möchte in England bleiben und denkt mit Schrecken an die bevorstehende Zwangsehe. Er will lernen und hart arbeiten, um sich zu integrieren und sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. „Jede Menge Scheiße treffen Ventilator“ beschreibt Nicu ihrer beider Situation und doch klammern sie sich immer mehr an die Hoffnung, dass sie zusammen der trostlosen Situation entkommen können.

Abwechselnd erzählen Jess und Nicu in Versform von ihren Lebensumständen, offenbaren dem Leser ihre Gedanken und Gefühle. Einem Leser, der mit jedem Umblättern mehr hofft, dass die zarten Liebesbande der beiden so stark werden mögen, damit sie nicht durch ihr asoziales Umfeld in den Abgrund gerissen werden.

„Nicu & Jess“ von Sarah Crossan und Brian Conaghan ist im Verlag Mixtvision erschienen, für Jugendliche ab 14 Jahren geeignet und kostet 16,90 Euro. ISBN 978-3-95854-106-1