Interview mit Bestseller-Autorin Ursula Poznanski

Sie wartet nicht, bis sie die Muse küsst, sondern arbeitet fleißig, zielstrebig und konzentriert auf den Erfolg ihrer Jugendbuch-Thriller hin. Familien-Welt traf Ursula Poznanski im Vorfeld einer Leserreise zu ihrem neuesten Thriller „Layers“.

Gelesen hat Ursula Poznanski schon als kleines Kind – viel, gern und quer durch alle Genres. Astrid Lindgren und Erich Kästner waren ihre Lieblingsautoren. Während des Studiums schnupperte sie in alle möglichen Fachrichtungen hinein, aber nichts hat sie so gefesselt, um darin einen Abschluss zu machen. Ihr Geld verdiente die heute 47-jährige Österreicherin bis Januar 2013 als Redakteurin einer medizinischen Fachzeitschrift. Dem kreativen Schreiben hat sie sich zunehmend zugewandt, als 1999 ihr Sohn geboren wurde. Zunächst im Kinderbuch-Bereich – ihr erstes Buch „Theo Piratenkönig“ wurde 2003 veröffentlicht – dann entdeckte Ursula Poznanski den Thriller für sich und feierte ihren Durchbruch als Schriftstellerin.

Gleich ihr erster Thriller „Erebos“, der 2010 im Loewe-Verlag erschien, katapultierte Poznanski in die Bestseller-Listen. Knapp 400.000 Mal ging „Erebos“ über die Ladentheke, wurde in 32 Sprachen übersetzt und Poznanski dafür mit dem deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Bereits im darauffolgenden Jahr kam der Thriller „Saeculum“ auf den Markt, weiter ging es mit der Eleria-Trilogie. Kurz vor Erscheinen ihres neuesten Thrillers „Layers“ interviewte Familien-Welt-Redakteurin im Mai 2015 Susanne Schult die Bestseller-Autorin in Hamburg.

Susanne Schult: Ein leeres Blatt Papier. Wie füllt man das?
Ursula Poznanski: Ich fülle leere Dokumentseiten am Computer. Aber das schaut ähnlich beunruhigend aus.

Wenn Sie mit dem Schreiben einer Geschichte beginnen, haben Sie einen Anfang, ein Ende und alles, was dazwischen kommt, muss gefüllt werden.
Ja genau. Ich habe außerdem ein paar Fixpunkte die ich vorher kenne, aber ich weiß nicht alles im Detail, weil ich es spannend finde, dass sich während des Schreibens immer noch neue Ideen einschleichen können. Das tun sie netterweise auch immer mal wieder. Ein bisschen Freiheit beim Schreiben möchte ich haben, aber ich brauche natürlich eine Marschrichtung ,sonst verzettele ich mich rettungslos. Ich könnte nicht anfangen, ein Buch zu schreiben ohne zu wissen, wie ich es am Ende auflöse.

Wie kommen die Ideen zu Ihnen? Sind Sie eine Ideensammlerin mit einem Notizbuch?
Wenn Ideen mir tatsächlich zufliegen, was nicht immer passiert, dann versuche ich natürlich, sie zu notieren und nicht wieder zu verlieren. Aber manchmal ist Ideenhaben auch Arbeit. Da hat man nur einen leichten Anflug an Ideen, den man aber noch nicht als Idee bezeichnen kann. Und dann muss man viel nachdenken, was man daraus machen kann. Es braucht auch immer ein bisschen Zeit, bis sich herauskristallisiert, woraus man überhaupt ein Buch machen kann. Es ist ganz selten so, dass es so „zack“ macht und man sich denkt „Ha! Jetzt hab ich die Idee und ich muss nur noch schreiben“.

Steht für Sie schon das Genre fest, wenn Sie nach Ideen suchen?
Ja, weil das mit den Verlagen so abgesprochen ist. Wenn ich sagen würde: „Hey Leute, ich schreibe als nächstes eine Liebesgeschichte!“, dann wären die sicher nicht begeistert und würden ablehnen. Also von daher denke ich natürlich schon in gewissen Bahnen.

Lassen wir einmal die Ideenfindung außen vor. Wie lange haben Sie an Ihrem neuesten Buch „Layers“ geschrieben?
Ein halbes Jahr.

Sind Sie ein fleißiger Mensch? Sie beschreiben sich gelegentlich als „Schreibsüchtling“.
Es gibt Tage, da ist es wahnsinnig anstrengend zu schreiben und man muss sich zu jedem Satz zwingen. Es fließt einfach nicht. Dann gibt es Tage, wo alles quasi von selbst kommt. Da macht das Schreiben richtig Spaß und man kann dann auch schreibsüchtig werden. Aber diese Tage kommen nicht auf Bestellung, sondern die sind da oder nicht. Ich habe zwar zwischendurch immer Leerlauf, wo nichts geht, aber ich muss offensichtlich fleißig sein. Dann bin ich aber doch erstaunt darüber, dass es tatsächlich geklappt hat.

Wie lange arbeiten Sie?
Ich mache es nie an der Zeit fest, sondern ich versuche das so zu planen, dass ich täglich eine bestimmte Anzahl an Worten schreibe. Bei meinem Schreibprogramm läuft unten eine Art Zähler mit, der auf 1300 Worte eingestellt ist. Wenn die erreicht sind, verfärbt der sich.

Schreiben Sie am Schreibtisch oder auf einem Laptop im Cafe?
Ich schreibe in meinem Büro, aber nicht unbedingt am Schreibtisch. Ich schreibe halb liegend, den Computer vor mir auf einem Tablett auf meinen Knien. Ich finde das extrem entspannend. Seit ich nicht mehr am Schreibtisch sitze, sondern auf diese Weise schreibe, habe ich keine Kreuzschmerzen mehr. Außerdem hat man nicht das Gefühl, dass man arbeiten muss, sondern man liegt einfach da und tippt. Ich glaube, das hat auch ein bisschen was mit Selbstüberlistung zu tun.

Und im Hintergrund läuft Musik?
Ja, über Kopfhörer. Ich höre sehr viele Filmsoundtracks beim Schreiben. Nicht immer, denn an manchen Stellen, wo es sehr kompliziert ist, hilft Musik gar nicht. Aber wenn ich möchte, dass das Unterbewusstsein ein bisschen angekurbelt wird, hilft das gut.

Schreiben Sie auch noch Kinderbücher?
Kinderbücher mache ich gar nicht mehr. Ich schreibe außerdem auch Thriller für Erwachsene.

Sie waren eine Zeitlang als Medizinjournalistin tätig. Fließt etwas aus diesem Bereich in Ihre Bücher mit rein?
Ab und zu fließt ein bisschen medizinisches Halbwissen mit ein. Häufiger sind Elternteile meiner Protagonisten Ärzte. Mein letzter Erwachsenenthriller hat in einer Psychiatrie gespielt und da benutze ich natürlich schon ein bisschen das, was ich mitbekommen habe während meiner Journalistenarbeit. Ich schreibe aber keine Medizin-Thriller, wo so etwas zentrales Thema wäre.

Liest Ihr 16-jähriger Sohn Bücher?
Jetzt gerade wieder. Er hat natürlich nicht alles von mir gelesen. Ein paar Mal hat er ausgesetzt. Aber vielleicht holt er das jetzt irgendwann nach.

Liest er gern?
Er hat als Kind sehr gerne gelesen, hat dann aber mit 13 Jahren damit aufgehört. Aber ich hoffe, er fängt jetzt wieder damit an.

Haben Sie beim Schreiben im Hinterkopf, was Ihrem Sohn gefallen könnte?
Nein. Ich glaube, das würde nicht funktionieren. Das funktioniert nur dann, wenn ich das schreibe, was ich gerne lesen würde. So egoistisch das klingt, ich könnte nichts schreiben, was mich als Leser nicht interessieren würde. Das würde ich nicht durchhalten.

Lesen Sie privat viel?
Ich lese viel und auch quer durch die Bank. Also es gibt kein spezielles Genre, das ich bevorzuge.

Was ist das erste Buch, das Sie in Erinnerung haben?
Wir hatten früher schon sehr viele Bücher, auch aus der Bücherei. Eines der ersten war „Das kleine Ich bin ich“ von Mira Lobe. Daran kann ich mich noch sehr gut erinnern. Es gibt sicher noch frühere, aber da versagt dann tatsächlich die Erinnerung. Ich habe sehr viel und teilweise mehrfach die Bücher von Astrid Lindgren und Erich Kästner gelesen. Allerdings habe ich relativ schnell angefangen, Bücher für Erwachsene zu lesen. Jugendbücher in der Form und in dieser Vielfalt, wie es sie heute gibt, waren damals auch noch nicht so ein Ding. Ich kann mich nicht erinnern, dass es speziell Bücher für die 13- bis 16-Jährigen gegeben hätte.

Welches Ihrer Bücher ist Ihr Lieblingsbuch?
Ich habe keins, denn bei jedem Buch mag ich etwas anderes sehr gerne. Es ist nicht so, dass es eins gibt, wo ich sage: „Das ist mir besonders gut gelungen“. „Erebos“ hat natürlich einen Sonderstatus, weil es das erste Jugendbuch war, mit dem ich auf den Markt gekommen bin. Bei den Kinderbüchern, die zuvor in einem österreichischen Verlag erschienen sind, hat alles in einem wesentlich kleineren Rahmen stattgefunden. „Erebos“ war das erste Buch, das auch eine gewisse Öffentlichkeit hatte.

Was mögen Sie an Ihrem neuen Buch besonders?
In dem neuen Buch mag ich den Protagonisten Dorian sehr gerne. Ich mag auch die Hintergrundidee, dass man den eigenen Augen nicht trauen kann, denn wir verlassen uns im ganz großen Ausmaße auf das, was wir sehen. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, mit der Idee zu spielen, was man alles machen könnte, wenn man das beeinflussen könnte.

Hatten Sie schon einem eine Virtual-Reality-Brille auf?
Nein. Aber ich habe Videos davon gesehen und mit diesen Informationen dann die Brille in meinem Buch weiterentwickelt.

Neben Ihnen liegt ein Smartphone. Ist das Begeisterung für die neue Technik oder Mittel zum Zweck?
Es ist ein Mittel zum Zweck, das Spaß macht. Ich bin zwar niemand, der viele Handyspiele spielt, aber ich bleibe viel über mein Handy im Kontakt mit Kollegen und Freunden, speziell über Facebook. Es ist also zwar schon Mittel zum Zweck, aber trotzdem etwas, wo ich mich auch mal festlese und gucke, was die Leute so geschrieben haben. Aber eben eher in einem sozialen Sinn, um in Kontakt zu bleiben mit Leuten.

Vermissen Sie beim Schreiben, dass Sie keine Kollegen mehr haben?
Ich kann ganz gut für mich arbeiten. Beim Schreiben vermisse ich es nicht, da bin ich dann froh, dass ich wirklich meine Ruhe habe. Es würde mir schwerfallen, mich auf mein Buch zu konzentrieren, wenn um mich herum viel los ist. Das ginge nicht so besonders gut, klappt aber natürlich, wenn es sein muss. Trotzdem wäre es ganz nett, wenn man dann Pause macht und sagt: „Komm, lass mal gemeinsam einen Kaffee holen!“.

Findet der Austausch eher auf Freundesbasis statt oder mit anderen Kollegen?
Mein Freundeskreis besteht zu einem sehr großen Teil aus Autoren. Da hat jeder Phasen, wo er sich einigelt und nur schreibt, aber auch Phasen, wo er viel unterwegs ist und liest. Das sind Dinge, mit denen man sich am besten mit Kollegen austauschen kann.

Hat sich Ihr Freundeskreis mit dem Schreiben verändert?
Ja, in einer gewissen Hinsicht schon. Die engen Freundschaften, die bleiben einem, aber der Bekanntenkreis verändert sich. Es sind neue Bekanntschaften dazugekommen, die ich auch als Freunde bezeichnen würde, und eine große Menge an neuen Bekannten.

Hat sich Ihr Lebensrhythmus verändert?
Ja. Auf jeden Fall. Ich reise viel mehr, bin viel weg, aber in den Schreibphasen ist der Rhythmus sehr regelmäßig. Ich arbeite nur noch von zu Hause aus.

Ist das jetzt ein freieres Lebensgefühl für Sie?
Ja. Es ist wirklich ein viel freieres Leben. Ich habe nur eine Deadline, an die ich mich halten muss. So lange ich das mache, guckt mir niemand über die Schulter und sagt mir, wie ich das zu machen habe. Als ich noch für Zeitschriften gearbeitet habe, habe ich im Büro gearbeitet, aber da war das nicht schlimm, weil das mehr technisches Schreiben war. Bei einer Zeitschrift brauche ich auch keine Inspiration, die ich bei einem Buch benötige.

Fällt es Ihnen schwer, mit Lektoren zusammen zu arbeiten, die dann anfangen, das Buch zu kritisieren und Ihnen sagen, was anders und besser sein muss?
Ich habe das große Glück, dass ich mit meinen zwei Lektorinnen sehr gut auskomme. Es kommen nie viele Änderungsvorschläge und wenn, dann sind es eigentlich nur Details. Aber im Allgemeinen habe ich das letzte Wort. Allerdings möchte ich natürlich nicht was Schlechteres gegen etwas Besseres durchsetzen.

Ab welchem Zeitpunkt der Entstehungsgeschichte eines Buches sind die Lektoren involviert?
Einmal vorher, wenn man die Idee bespricht, um zu gucken, ob das dem Verlag gefällt und ob das in Ordnung ist. Danach erst einmal gar nicht mehr. Das nächste Mal sprechen wir wieder, wenn ich mit dem Schreiben fertig bin. Es gibt Autoren, die zwischendurch mit den Lektoren Kontakt aufnehmen und sich beraten, aber das mache ich mit jemand anderem. Ich habe eine gute Freundin, die auch schreibt. Wenn ich irgendwo nicht weiter weiß, kommen wir zusammen und finden meistens auch eine Lösung.

Ist schon eine Idee für ein neues Buch im Anmarsch?
Die ist gerade dabei, sich zu entfalten. Das ist eine Phase, da ist alles noch sehr schwammig und noch nicht wirklich greifbar.

Gibt es einen Termin, wann ein neues Buch von Ihnen im Loewe Verlag erscheinen soll?
Wann es erscheinen soll, weiß ich noch nicht, aber ich soll es zwischen Januar und Februar des nächsten Jahres abgeben. Die Idee sollte also jetzt irgendwann richtig kommen.

Macht Sie das nervös?
Ein bisschen. Bisher hat der Kopf immer funktioniert, wenn er musste, und ich verlasse mich da drauf. Die Ideen kommen nicht unbedingt zu Hause, sondern können auch kommen, wenn ich zum Beispiel im Hotel mit dem Aufzug fahre oder beim Abendessen. Da gibt es kein Programm. Es ist dann, wann es ist. Das kann im Prinzip immer sein.

Man hört öfter, dass Autoren, die ein sehr erfolgreiches Buch geschrieben haben, Angst vor einer Schreibblockade haben.
Schreibblockaden sind etwas, an das ich nicht wirklich glaube. Es gibt die Möglichkeit, dass die Ideen ausbleiben, aber das ist dann eher eine Phase. Es gibt auch die Möglichkeit, dass man während des Schreibens in der Geschichte nicht weiter kommt. Aber auch das ist eher die Folge eines Denkfehlers, über den ich, wenn mir das passiert, einfach drüber schreibe. Es hat eher was mit dem Text zu tun, wenn man hängen bleibt.

Die Antwort spricht für jemanden, der einen professionellen Schreibhintergrund hat.
Es passiert natürlich immer wieder, dass man schlechte Schreibtage hat, wo einfach auch die Lust aufs Schreiben fehlt. Ich bin der Meinung, dass die, die immer nur dann schreiben, wenn die Muse gerade sehr willig ist, nie ein Buch fertig bekommen, weil man immer eine kleine Hürde überwinden muss, bevor man einen Schreibtag beginnt. Es ist oft nicht so, dass man sich hinsetzt, Dokument auf und zack, man schreibt los, sondern es gibt immer den Moment, wo man sich denkt, dass man lieber doch nicht schreiben will. Aber ist nicht immer so und meistens dauert es zwei Sätze und dann ist man wieder drin.

Was für Tricks haben Sie, um in einen Schreibfluss zu kommen?
Wenn es bei mir ganz blöd läuft, dann sag ich mir, dass ich einfach nur fünf bis sechs Sätze schreibe. Wenn ich diese Sätze geschrieben habe, läuft es eh. Mittlerweile weiß ich auch, dass das so ist. Sollte es jedoch so sein, dass ich nach diesen Sätzen immer noch nicht klarkomme, lasse ich es für den Tag sein. Dann weiß ich aber trotzdem, dass es am nächsten Tag wieder gehen wird.

Wenn man die Kommentare auf Ihren Fanseiten liest, kommt häufig die Frage, wann das Buch verfilmt wird. Ist das eine Sache, die sie gut finden würden oder befürchten Sie durch eine Verfilmung eine Verfälschung Ihrer Bücher?
Ein Film ist ein ganz anderes Medium, das die Geschichte wahrscheinlich nicht so umsetzen könnte, wie ich es mir gedacht habe. Wenn es tatsächlich verfilmt werden würde, würde ich es eher als Interpretation meines Textes betrachten. Ich denke, es würde mich freuen, wenn es gut gemacht wäre. Wenn ich jedoch den Eindruck hätte, die machen mir den Stoff kaputt, dann logischerweise weniger. Aber darauf hat man dann ja auch kein Einfluss mehr. Grundsätzlich würde ich mich freuen, wenn ein Buch von mir verfilmt wird. Jedoch denke ich nicht, dass meine Bücher gut geeignet zum Verfilmen wären, weil das finanziell sehr aufwendig wäre. Aber ich bin überzeugt davon, dass das irgendwann passiert.

Sollte „Layers“ verfilmt werden, wen könnten Sie sich gut in der Rolle des Dorian vorstellen?
Das finde ich schwierig, denn Dorian ist 17 Jahre alt. Das heißt, es müsste es sehr junger Schauspieler sein. Und den kenne ich dann wahrscheinlich auch gar nicht.

Gibt es denn ein Schauspieler beziehungsweise eine Schauspielerin, die Sie sich gut in einem ihrer Bücher vorstellen können?
Ich habe mir das nie wirklich überlegt, weil ich unter anderem schon ein Bild der Figur im Kopf habe. Mir fällt jetzt keiner ein, aber wenn man mir konkret Bilder vorlegen würde und ich müsste mich entscheiden, dann würde ich da natürlich mit einem ganz anderen Blick dran gehen und schauen, wer im ehesten mit meiner Figur übereinstimmt.

Ich habe folgendes Zitat von Ihnen gelesen: „Der Reiz liegt vermutlich darin, dass man für eine gewisse Zeit abschalten und sich neu erfinden kann. Das halte ich für erholsam.“ Wie erfinden Sie sich neu?
Beim Schreiben schlüpft man natürlich ein bisschen in die Figuren rein, und dabei hole ich für die Charaktere immer andere Seiten von mir hoch. Als Autor erfindet man sich relativ häufig neu, lotet gewisse Dinge aus und stellt sich Fragen über sich selbst. Wenn man eine Figur überzeugend schreiben will, muss man sich das von irgendwo herholen und dabei geht man sehr in sich. Das hat jetzt zwar nicht unbedingt etwas mit Neuerfindung zu tun, aber man entdeckt immer neue Sachen. Zumindest geht es mir so. Außerdem kann man auch einfach mal den Alltag ablegen.

Bauen Sie viel von sich in Ihren Figuren ein?
Ich schreibe nicht mich, baue aber natürlich Einzelheiten von mir ein. Wenn sich eine Figur traurig fühlt, muss ich in mich gehen und überlegen, was ich dann alles fühlen würde.

Ihre Protagonisten sind häufig in Extremsituationen. Waren Sie auch schon einmal in einer Extremsituation?
Nicht vergleichbar mit so etwas wie in meinen Büchern. Ich denke, was man als Extremsituation empfindet, variiert von Mensch zu Mensch ganz stark.

Sie haben einmal geäußert, dass Spielen ein menschliches Grundbedürfnis sei. Spielen Sie?
Wenn ich schreibe, ist das schon was Spielerisches. Auch das Erfinden von Ideen, das Verschieben, Verwerfen und so weiter. Ich bin ein sehr verspielter Mensch. Auch eine Lesung ist für mich etwas Spielerisches, weil man mit dem Publikum spielt und guckt, wie es auf die Texte reagiert. Klassische Spiele spiele ich nicht so häufig. Ab und zu mal Brettspiele mit der Familie, aber sonst eher nicht.

Kommen sie aus einer kreativen Familie?
Ich komme nicht aus einer, aber jetzt sind wir eine. Mein Mann ist Theaterschauspieler.

Was ist das Schönste, was man über Ihre Bücher sagen kann?
(überlegt lange) Was mich immer sehr freut, ist, wenn jemand etwas rausgelesen hat, was wirklich nur ganz vage drin ist, aber trotzdem wichtig ist. Also gewisse Gedanken, die mir eigenflossen sind und die ich verbaut habe. Wenn das jemand entdeckt und mir das schreibt, freue ich mich sehr, weil diese Person es geschafft hat, in meinen Kopf zu steigen. Ansonsten freue ich mich natürlich auch über Komplimente wie „Tolles Buch“, „Ich konnte es nicht aus der Hand legen“, „Ich habe das Buch jetzt schon drei Mal gelesen“. Das sind natürlich Dinge, über die ich mich auch sehr freue. Aber das andere ist noch einen Spur besser.

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Layers
Dorian ist ein Ausreißer und lebt auf der Straße. Als der Obdachlose Emil ihm sein Taschenmesser und fünf Euro abnehmen will, wehrt sich Dorian erfolgreich und sucht das Weite. Nachdem er seine Runden gedreht hat auf der Suche nach Kleidung und etwas Essbarem, legt er sich in einer U-Bahn-Unterführung schlafen. Ein sonderbarer Geruch und etwas Feuchtes, Klebriges an seiner Haut weckt ihn: Es ist Blut. Das Blut von Emil. Neben der Leiche liegt Dorians aufgeklapptes Taschenmesser. Noch während Dorian panisch überlegt, ob er etwas mit Emils Tod zu tun hat und was er nun machen soll, steht ein Fremder neben ihm, der seine Hilfe anbietet. Der junge Mann stellt sich als Nicolaus Korte vor und gibt sich als Mitarbeiter einer Organisation aus, die jugendliche Obdachlose von der Straße holt. Dorian steigt in Nicos dunklen Lieferwagen und findet sich in Bornheims Villa wieder, wo auch andere Teenager leben. Mit einem Schlag findet der tägliche Überlebenskampf ein Ende. In dem Fünf-Sterne-Ambiente bekommt Dorian Kleidung, Essen und sogar Unterricht. Dennoch bleibt Dorian misstrauisch und kann nicht glauben, dass alles aus reiner Nächstenliebe geschieht. Tatsächlich wird Dorian schon bald damit beauftragt, Botengänge zu übernehmen. Er soll Werbegeschenke ausliefern und darf unter keinen Umständen das Päckchen öffnen. Zunächst läuft alles planmäßig, bis eine Übergabe scheitert und Dorian das Päckchen behält. Ab jetzt ist Dorian ein Gejagter, der um sein Leben fürchtet.

Eine temporeicher Thriller in dem nichts so ist, wie es den Anschein hat, und die Frage nach dem, was wahr und was eine Illusion ist, immer stärker in den Fokus rückt.

"Layers“ von Ursula Poznanski ist im Verlag Loewe erschienen, für Jugendliche ab 14 Jahren geeignet und kostet 14,95 Euro. ISBN 978-3-7855-8230-5