Spieleabend-Tipps von Experten

Freunde immer nur zum Essen einzuladen ist doch langweilig - wie wäre es stattdessen mal mit einem Spieleabend? Goliath hat dazu zwei Spieleexperten befragt: Chris Mewes ist Mitglied der Jury "Spiel des Jahres", Tom Werneck ist einer der beiden Spielekritiker, die diese Jury gegründet haben.

Gemütlich beim Essen zusammen zu sitzen, ist natürlich sehr kommunikativ. Doch beim miteinander Spielen hat man auch ein gemeinsames Erlebnis und, je nach Spiel, gemeinsames Lachen, Lernen und Reden. Das sorgt für Spannung und Freude.

Der Anlass

Tom Werneck: Es gibt zunächst mal den Fall, dass man Leute näher kennen lernen möchte. Wenn man sie ganz konventionell zum Abendessen einlädt, entsteht für die Gäste der soziale Druck, eine Gegeneinladung auszusprechen. Trifft man sich aber "nur" zum Spielen, so hat das etwas Unverbindliches. Man begibt sich in einen Krautgarten, der lediglich durch Spielregeln abgesteckt ist. Gemeinsames Spielen ist ideal, um sich kennen zu lernen, weil es keine soziale Verpflichtung mit sich bringt.

BrettspielMit guten Freunden kann man beim Spielen auch mal etwas Neues ausprobieren. Außerdem lernt man seine Freunde dabei noch besser kennen. Im Spiel kann man nämlich keinen Charakterzug verstecken. Über alles andere kann man eine Tünche der Höflichkeit oder der Konventionen ziehen. Beim Spielen fällt sie jedoch ziemlich rasch ab.

Zusätzlich öffnen sich über Spielinhalte oft interessante Themen, auf die man vielleicht sonst gar nicht gekommen wäre. Da entbrennt zum Beispiel nach einem Piratenspiel die Diskussion, wie es wäre, wenn man ohne Vorbereitung gemeinsam auf eine gottverlassene Insel verschlagen wäre und dort überleben müsste...

Eines steht in jedem Fall fest: Ganz gleich, welches Spiel man auch spielt, es bietet immer einen guten, spannenden Anlass zur Kommunikation.

2. Kann ich auch als Laie einen Spieleabend organisieren?
Tom Werneck: Jeder kann einen Spieleabend organisieren. Man braucht eigentlich nur Spiele, die einem selber Spaß machen. Schon kann es losgehen.

3. Gibt es Grundregeln für einen erfolgreichen Spieleabend, die ich beachten sollte?

Chris Mewes: Ja, folgende Punkte sind auf jeden Fall hilfreich: Es ist immer gut, für Getränke und für genügend Platz zu sorgen. Es macht auch Sinn, mehrere Spiele vorzubereiten, also für Alternativen zu sorgen. Auf jeden Fall sollte man vorher kontrollieren, ob die bereitgestellten Spiele vollständig sind!

Tom Werneck: Ich glaube, dass die wichtigste Regel ist: Niemals ein Spiel erst dann aufmachen, wenn die Mitspieler schon erwartungsvoll am Tisch sitzen. Der Abend ist so gut wie gelaufen, wenn man erst dann anfängt, die Regel zu lesen oder - noch schlimmer - sie gar noch vorzulesen. Der Schlüssel zu einem erfolgreichen Spieleabend ist eine sorgfältige Vorbereitung. Also: Rechtzeitig vorher das Spiel auspacken und aufbauen. Die Spielregeln aufmerksam und, wenn nötig, mehrfach durchlesen, bis man sie wirklich verstanden hat. Wer einem anderen ein Spiel nahe bringen will, muss es kurz und verständlich erklären können, damit man sofort losspielen kann, ohne immer wieder in der Regel nachschlagen zu müssen.

4. Wie viel Platz brauche ich?


Chris Mewes: Einen ausreichend großen Tisch für das Spiel und die Getränke. Noch besser ist es, Getränke auf einem Beistelltisch zu haben.

Tom Werneck: Alles Weitere hängt von der Art des Spiels ab. Wichtig ist ausreichende Beleuchtung! Es ist doch zu ärgerlich, wenn ein Spieler Fehlentscheidungen trifft, weil er Farben verwechselt hat, ein Symbol nicht richtig erkannte oder einen Text nicht entziffern konnte.

5. Wie viele Spieler sollte ich mindestens oder höchstens einladen?

Tom Werneck: Es gibt eine ganz gute Grenze, die aber vom Spielen unabhängig ist und grundsätzlich gilt. Wenn man acht oder neun Personen einlädt, teilen sich die Gruppe fast automatisch in zwei Untergrüppchen. Wenn man das nicht möchte, ist die ideale Größe zwei bis drei Paare, also vier bis sechs Personen. Aber das ist auch abhängig vom Spiel. Ich empfehle, statt auf einmal viele Leute eher eine kleine Gruppe nach der anderen einzuladen.

Chris Mewes: Ich persönlich empfinde eine Viererrunde immer als sehr angenehm. Zwei bis zehn Personen sind zwar möglich. Doch bei mehr als fünf oder sechs Spielern sollte man entweder Kommunikations- oder Zockerspiele bereithalten oder zwei Tische vorsehen. Da wird es aber auch wieder schwierig, allen mehr oder weniger gleichzeitig Regeln zu erklären.

6. Worauf sollte ich bei der Auswahl der Spiele achten?

Chris Mewes: Wie gesagt, man sollte für Alternativen sorgen. Sinnvoll ist, ein schnelles Warm-up-Spiel und einen pfiffigen kurzen Absacker einzuplanen. Ungeübte Spieler sollte man nicht überfordern. Damit stellt sich die Frage, welche Art von Spielen ich nehme. Laufspiele, Taktikspiele, Strategiespiele, ein Quiz, kommunikative Spiele? Auf alle Fälle aber sind Grüblerspiele und Spiele, die in der Endphase "zäh" werden, zu vermeiden.

Tom Werneck: Die Auswahl hängt von den Gästen ab. Wenn es keine routinierten Spieler sind: einfache Spiele, pfiffige Spiele. Dabei unbedingt auf die Spieldauer achten. Die Angaben auf der Schachtel geben einen guten Hinweis: Wenn da zum Beispiel 60 bis 90 Minuten abgegeben sind, kann man für ein erstes Spiel erfahrungsgemäß leicht über zwei Stunden ansetzen. Deshalb lieber schnelle, zügige Spiele auswählen, die in einer Viertel-, längstens einer halben Stunde zu Ende sind. Wenn es allen Spaß gemacht hat, kann man ja das gleiche Spiel sofort noch mal spielen.
Auf keinen Fall sollte man die angegebene Teilnehmerzahl überschreiten. Am besten kurze und knackige Spiele wählen. Nochmal überdenken, wen man eingeladen hat: Was sind das für Menschen? Für diese Überlegung braucht man nur etwas gesunden Menschenverstand. Wer selbst nicht genügend Spiele kennt, kann sich zuverlässig informieren: www.spiel-des-Jahres.de. Hier gibt es übersichtliche Empfehlungen mit Alter, Spielerzahl und Dauer.

7. Gibt es ein absolutes Tabu bei einem Spieleabend?

Tom Werneck: Ein absolutes Tabu sind Themen, die unter die Gürtellinie gehen. Psycho- und sogenannte Kennenlernspiele zum Beispiel haben oft einen Haken: Sie fordern die Teilnehmer auf, Fragen zu beantworten, die sie eigentlich nicht beantworten wollen, weil sie ihre Intimsphäre berühren. Das bringt Menschen in eine Zwickmühle. Entweder sie sind ehrlich und exponieren sich, obgleich sie das eigentlich nicht wollen, oder sie lügen, obgleich ihnen auch das gegen den Strich geht.

Tabu sind zotige Sexspiele. Von langen, aufwändigen Strategiespielen sollte man die Finger lassen, auch wenn sie noch so hoch gelobt werden. Ziel des Spieleabends ist doch, andere zum Spielen zu bringen und ihnen die Freude zu vermitteln, die damit verbunden ist. Da sind kleine, appetitliche Häppchen besser geeignet als schwerverdauliche Kost.

Chris Mewes: Stimmt. Und für mich gilt nach wie vor als bedingungsloses Tabu, einen Spieleabend unvorbereitet anzugehen.

8. Haben Sie zum Abschluss noch einen Geheimtipp?

Tom Werneck: Mein Geheimtipp ist, immer wieder zu spielen. Es einfach tun - Freunde und Bekannte regelmäßig zum Spielen einladen.

Chris Mewes: Mein Geheimtipp ist, die richtigen Spiele auszuwählen. Spiele, die ebenso kurz wie originell sind und die man in kurzer Zeit so erklären kann, dass alle fehlerfrei spielen können.

Spieletipps von Goliath:

"Time No Time": Ein Lauf-/Aktionsspiel: Zwei bis sechs Spieler ab acht Jahren können sich mit diesem Partyspiel richtig austoben.
Autor: Roberto Frag, Alter: ab 8 Jahren, für 2-6 Spieler, Spieldauer: 20-40 Minuten, Preis: ca. 24,95 Euro


"Triominos Deluxe": Dieses Spiel erfordert Logik- und Taktik. Gehirnjogging für bis zu vier Spieler mit diesem Legespiel - der Grundgedanke von Domino, aber mit raffinierteren Anlegemöglichkeiten.
Alter: ab 6 Jahren, für 1-4 Spieler, Spieldauer: ca. 30 Minuten, Preis: ca. 30,00 Euro

"Gitterrätsel": Ein kommunikatives Spiel: Worte im Chaos suchen und finden, das ist des Rätsels Lösung. Gitterrätsel ist eine Umsetzung des bekannten Kreuzworträtsels als Gesellschaftsspiel.
Alter: ab 7 Jahren, für 2-4 Spieler, Spieldauer: ca. 20 Minuten, Preis: ca. 25,00 Euro


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Chris Mewes schrieb seine erste Spiele-Kritik er schon 1984 für das Hamburger Abendblatt, danach führte er Kolumnen in Fach- und Tageszeitungen. Er ist Mitglied der Jury "Spiel des Jahres", Mitbegründer des Bayerischen Spiele-Archivs Haar und leitet seit Jahren den Aschheimer Spiele-Treff.

Tom Werneck ist Spielexperte und Buchautor. Neben seinem Beruf als Manager in einem Elektronikkonzern schrieb er über 4000 Spielekritiken für Zeitungen, Zeitschriften und Rundfunksendungen und verfasste rund 40 Bücher. Dazu gehören unter anderem Lösungen für den Zauberwürfel und der ,Leitfaden für Spieleerfinder'. Vor seiner Tätigkeit in der Jury "Spiel des Jahres", die er mitgegründet und maßgeblich beeinflusst hat, entwickelte er auch selbst Spiele. Werneck leitet das Bayerische Spiele-Archiv Haar, das Gesellschaftsspiele und Spieleliteratur sammelt und dokumentiert. Er organisiert den Haarer Spiele-Abend und die Internationale Spieleerfinder-Messe. www.spiele-archiv.de

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