Skin Picking: Wenn die Haut keine Ruhe bekommt

Sie kennen Skin Picking nicht? Aber vielleicht leiden Sie bereits darunter, ohne es zu ahnen. Skin Picking, im Deutschen auch unter Dermatillomanie bekannt, ist das meist zwanghafte Kratzen, Drücken, Knibbeln oder Quetschen der Haut, was auf Dauer zu erheblichen Gewebeschäden führen kann…

Das Wort Dermatillomanie kommt aus dem Griechischen: Derma (Haut), tillein (rupfen/zupfen) und Mania (Wahnsinn, Begeisterung). Die fremdländischen Verwandten wie Skin Picking, Neurotic excoriations oder Acne Excoriée haben ähnliche Bedeutungen.
Vor allem junge Mädchen im Pubertätsalter leiden unter Dermatillomanie. Da sich in Deutschland der Begriff Skin Picking durchgesetzt hat, verwenden wir ihn auch in diesem Artikel.

Skin Picking ist nicht gerade erst entdeckt worden. Schon vor gut einem Jahrhundert sprach man zum ersten Mal von „neurotic excoriation“. Auffällig war schon damals, dass besonders junge Mädchen in der Pubertät darunter litten. In Frankreich gibt es daher auch den Begriff „Acne excoriée des jeunes filles“ (Kratz-Akne bei jungen Mädchen).

Nach wie vor ist es schwer, Skin Picking zu erforschen bzw. Statistiken zu erstellen und dienliche Daten und Zahlen zu sammeln. Man geht nur von Schätzungen aus. Sicher ist jedoch, dass überwiegend Frauen betroffen sind. Da Männer seltener psychologische Hilfe in Anspruch nehmen, kann es sein, dass der Männeranteil höher ist als gedacht.

In welchem Alter die Krankheit auftritt, lässt sich jedoch ein wenig einschränken. Häufig findet man sie im Zusammenhang mit Akne, dann sind meist ältere Kinder bzw. Jugendliche betroffen, die in die Pubertät kommen oder sich in ihr befinden. Eine zweite auffällige Gruppe ist die der 30- bis 45-Jährigen.

Finger zeigt auf Stelle an der HautWas genau ist Skin Picking?

Man kann bei Skin Picking von einer Zwangsstörung sprechen. Betroffene kratzen, knibbeln, drücken z.B. an Pickeln und Hautunebenheiten so lange herum, bis diese sich entzünden. Manchmal ist eine Heilung der Hautflächen bzw. –wunden über Wochen oder sogar Monate nicht möglich, weil die Skin Picker diese immer wieder bearbeiten.

Welche Hautflächen leiden müssen, kann ganz unterschiedlich sein, beliebt sind jedoch häufig das Gesicht, das Dekolleté, der obere (erreichbare) Rücken, die Schultern, die Arme und auch die Unterbeine.

2013 wurde Skin Picking offiziell als eigenständiges Krankheitsbild ins DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) aufgenommen, was als Diagnose-Bibel für US-amerikanische Psychiater dient. Das wiederum ist für Betroffene natürlich sehr gut, da sich in den kommenden Jahren vermutlich mehr Ärzte und Therapeuten mit Skin Picking befassen und es erforschen werden.

Beim Skin Picking leidet jedoch nicht nur die Haut, auch die Psyche der Erkrankten. Diese schämen sich, verstecken sich bzw. ihre betroffenen Hautflächen – teils durch übertriebenes Schminken - und treffen in ihrem Umfeld häufig auf Unverständnis, da es ja scheinbar eine freiwillige Selbstzerstörung ist.

Warum manche mit Skin Picking anfangen bzw. darunter leiden, kann die unterschiedlichsten Ursachen haben: Manche starten mit Skin Picking, weil sie sich langweilen und damit quasi ihre Zeit überbrücken, andere nutzen es, um Stress abzubauen oder um sich zu beruhigen, wenn sie z.B. traurig, einsam oder wütend sind. Einige sehen Skin Picking als Selbstbestrafung und bei manchen gehört es bereits zum Alltag, sozusagen als festes Ritual zu einer bestimmten Zeit.

Was tun gegen Skin Picking?

Welche Therapie bei wem am besten hilft, hängt davon ab, warum der Betroffene unter Skin Picking leidet. Zuvor haben wir mehrere Möglichkeiten genannt, warum manche Skin Picking machen. In erster Linie muss wohl eine Verhaltenstherapie in Betracht gezogen werden. Daneben hat sich das Habit Reversal Training (HRT) von Azrin & Nunn bewährt. Es ist ein verhaltenstherapeutisches Verfahren zur Behandlung einer Vielzahl nervöser Verhaltensgewohnheiten. Kern der Therapie ist die Selbstwahrnehmung. Dann besteht die Möglichkeit, Gewohnheiten zu verändern. Helfen können Videoaufzeichnungen oder das Führen eines Tagebuchs/Protokolls.

Des Weiteren kann eine Hypnotherapie z.B. den Stresslevel senken. Generell ist es oft hilfreich, Dinge zu entdecken, die den Stress reduzieren. Tipps gibt es auch viele, die jeder bei sich selbst auszuprobieren kann. Zum Beispiel kann es bereits hilfreich sein, wenn man den Spiegel verhängt.

Auch alternative Beschäftigungen für die Hände können zu guten Ergebnissen führen. So kann kleingeschnittene Luftpolsterfolie Wunder wirken, aber auch das Kneten von Stressbällen ist beliebt. Wer zuviel Freizeit hat, kommt auch schnell aus Langeweile dazu, an sich herumzukratzen. Daher bitte die freien Lücken füllen, z.B. mit lesen, backen, putzen usw.. Letztendlich muss jedoch herausgefunden werden, warum man überhaupt zu Skin Picking gekommen ist, um dies erfolgreich zu bekämpfen.

Wer mehr zu dem Thema lesen und Skin Picking und seine Betroffenen verstehen möchte, findet in dem Buch „Die eigene Haut retten“ von Katharina Vollmeyer und Susanne Fricke (Balance Verlag, 2012) einen sehr guten Ratgeber in Deutsch. Des Weiteren wollen wir Ihnen die Website der Selbsthilfegruppe Skin Picking Köln und den Blog „Mein Leben mit Skin Picking/Dermatillomanie" von der jungen, selbst betroffenen Jacqueline ans Herz legen. Beide Seiten dienten diesem Artikel auch als Quellen!

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