Dass Schwangerschaft und Geburt den Beckenboden schwächen, ist kein Geheimnis. Auch die Folgen einer schwangerschaftsbedingten Beckenbodenschwäche sind heute hinreichend bekannt: Sie reichen vom Kontrollverlust beim Harndrang bis hin zu Rückenschmerzen. Doch das kann man verhindern!
Die Physiotherapeutin und Beckenbodenexpertin Kim Budelmann kennt das Problem aus der Praxis und weiß, wie sehr betroffene Frauen im Alltag unter ihrer Beckenbodenschwäche leiden. Seit drei Jahren engagiert sie sich für eine entsprechende Prävention und gibt per App Beckenbodenkurse.
Sie beantwortet uns zwei wichtige Fragen:
Treten Beckenbodenprobleme bzw. Harninkontinenz nach jeder Geburt auf?
„Nicht unbedingt - wie gesagt, Vorbeugung ist möglich. Manche Frauen bekommen erst nach einigen Jahren Probleme oder wenn sie in die Wechseljahre kommen. Studien gehen aber davon aus, dass jede dritte Frau betroffen ist.“
Viele Krankenkassen bezahlen heute ein präventives Beckenbodentraining. Warum ist trotzdem das Thema Blasenschwäche nach der Schwangerschaft immer noch so ein großes Thema?
„Viele betroffene Frauen erzählen nichts von ihren Problemen. Sie wollen nicht, dass jemand davon erfährt und fühlen sich stigmatisiert. Denn in unserer Gesellschaft gilt Blasenschwäche als etwas Peinliches, worüber man nicht offen spricht. Die Tabuisierung spielt hier also eine große Rolle. Hinzu kommt, dass trotz umfassender Aufklärung immer noch viele denken, Harninkontinenz sei ein altersbedingtes Problem.
Viele verdrängen den Zusammenhang zwischen Inkontinenz und Schwangerschaft. Wenn ich Kursteilnehmerinnen danach frage, warum sie nicht schon früher mit dem Training angefangen haben, kommt oft die Antwort: ‚Aus Zeitmangel‘. Dabei reichen ein Beckenboden-schonendes Verhalten im Alltag und wenige Minuten Training wöchentlich, um die Beckenbodenmuskulatur zu stärken und eine wirksame Prävention zu betreiben. Aus diesem Grund sind Aufklärung, professionelle Anleitung und Motivation wichtig.“
Hier stellen wir Ihnen drei Übungen zur Stärkung der Beckenbodenmuskulatur in der Schwangerschaft vor:
1. Unterarmstütz
Die Unterarme auf dem Boden positionieren. Achten Sie darauf, dass sich die Ellbogen genau unter den Schultergelenken befinden. Den Rücken gerade halten. Den Kopf so halten, dass er eine Verlängerung zur Wirbelsäule bildet. Die Füße sind aufgestellt.
Bei der Ausatmung den Beckenboden anspannen und beide Beine 10 cm vom Boden heben. Diese Position für 8 Sekunden halten und dabei ruhig ein- und ausatmen.
Unter gehaltener Bauch- und Beckenbodenspannung die Knie wieder absenken. Sobald diese locker aufliegen, entspannen Sie den Beckenboden.
Wiederholen Sie diese Übung dreimal. Wichtig: Auf eine ruhige Atmung achten und nicht ins Hohlkreuz fallen.
2. Kurzer Käfer
Zum Start begibt man sich in die Rückenlage und legt den Kopf auf ein Kissen. Dann beide Beine nacheinander aufstellen.
Bei der nächsten Ausatmung den Beckenboden anspannen und den Kopf heben. Das linke Knie anheben und die rechte Hand auf das Kniegelenk legen.
Bei der darauffolgenden Ausatmung die Hand mit leichtem Druck gegen das Knie drücken, ohne dass eine Bewegung entsteht. Diese Position für 10 Sekunden halten.
Den Kontakt zwischen Knie und Hand lösen und Kopf, Arm und Bein wieder zurück in die Ausgangsposition bringen. Sobald diese erreicht ist, den Beckenboden entspannen. Zur Entspannung das Becken kreisen und lockerlassen. Dann die Übung seitenverkehrt wiederholen.
3. Kneifübung
Für die Übung ist es wichtig, sich auf einen stabilen Stuhl oder Hocker zu setzen. Die Hände ruhen entspannt auf den Oberschenkeln. Für die Übung stellt man sich vor, auf einem Kirschkernkissen zu sitzen.
Die Hände nacheinander vorne am Schambein positionieren. Bei der nächsten Ausatmung den Beckenboden anspannen und sich dabei vorstellen, die Kirschkerne einzusaugen und hochzuziehen. Die hierdurch entstehende Spannung mit den Fingern erspüren und dabei wahrnehmen, wie sich die Haltung verändert.
Die Spannung für 10 Sekunden halten und ruhig weiter ein- und ausatmen. Die Übung zwei weitere Male wiederholen.
In unserem normalen Alltag und bei der Hausarbeit spielen Bewegungen wie Heben, Tragen oder Bücken eine große Rolle. Dabei kann erheblicher Druck die Bandscheiben belasten. Doch wie führt man diese Bewegungen aus, ohne dem Rücken zu schaden? Die Aktion Gesunder Rücken (AGR) e. V. zeigt, wie es richtig geht.
Jeder Dritte hat Rückenschmerzen, oftmals als chronisches Leiden. Doch das muss nicht sein! Wer seine Rückenmuskulatur stärkt, kann dem oft vorbeugen. Auch eine vernünftige Haltung - ob im Sitzen oder Stehen - wirkt Wunder.