Barfußlaufen: Für jeden geeignet?

Wenn Kleinkinder anfangen zu laufen, sollen sie möglichst viel barfuß unterwegs sein. Das raten Kinderärzte und Orthopäden. Wie ist das aber, wenn ein Erwachsener gerne immer öfter auf Schuhe verzichten möchte? Ist das wirklich auch dann noch gesund?

Wie so oft liegt die Wahrheit in der Mitte. Auch beim Barfußlaufen sollte man mit einem langsamen Einstieg beginnen und wissen, was man seinen Füßen zumuten kann. „Barfußlaufen stärkt die Muskulatur des Fußes. Aber wie bei jedem Trainingsstart sollten körperliche Einschränkungen abgeklärt und langsam begonnen werden“, sagt Ute Repschläger, Physiotherapeutin und Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Selbstständiger Physiotherapeuten (IFK e. V.).


Wie der Fuß funktioniert

Der Fuß besteht aus 28 Knochen, 33 Gelenken und zahlreichen Muskeln. Die Gelenke sind zuständig für die Dynamik, sorgen aber auch für die Stabilität des Fußes. Alle Teile arbeiten gemeinsam in diesem hochkomplexen System. Nur ein Teil des Fußes bildet mit einigen Fußknochen einen Bodenkontakt. Die anderen Teile werden durch die Muskulatur in einer Bogenform gehalten. Außerdem befindet sich eine Sehnenplatte, die sogenannte Plantaraponeurose beziehungsweise Plantarfaszie, unter dem Fuß. Diese verläuft von dem Fersenbein beginnend v-förmig nach vorne in Richtung der Zehen. Sie sorgt ebenfalls für Stabilität und hat eine abfedernde Wirkung während des (Barfuß-)Laufens.

Barfußlaufen stärkt die Muskulatur

Barfuß auf SteinenDie Füße sind darauf ausgelegt, das Körpergewicht bei jedem Schritt abzufedern. Werden Schuhe getragen, die eine zu starke Unterstützung des Fußgewölbes geben, wird die natürliche Knick- und Senkung des Fußgewölbes unterbunden. Die Fußmuskulatur, die diese Aufgabe eigentlich übernimmt, wird dadurch geschont und geschwächt.

Es gibt natürlich Fälle, in denen eine starke Unterstützung wie beispielsweise durch Einlagen erforderlich ist. Diese Menschen sollten auf das Barfußlaufen verzichten. Viele Fehlstellungen der Hüfte oder auch Rückenbeschwerden stehen in Zusammenhang mit den Füßen. Wenn die Füße zu schwach oder unterschiedlich stark muskulär ausgebildet sind, werden unbewusst Ausweichbewegungen gemacht, die zu muskulären Dysbalancen führen können.

Wer barfuß laufen will, sollte langsam anfangen

Um seinen Füßen und dem gesamten Körper etwas Gutes zu tun, ist es daher zeitweise sinnvoll und ein gutes Training, barfuß zu laufen. Aber die Füße sollten sich langsam an die neuen Belastungen gewöhnen können. Die Fußmuskulatur benötigt wie jeder andere Muskel auch Zeit, um sich anzupassen. Empfehlenswert ist es daher, am Anfang nur kurze Strecken – am besten auf einem weichen, natürlichen Untergrund (Wiese, Waldboden, Strand) – barfuß zu laufen und mit dem Tragen von Schuhen abzuwechseln.

Bei Vorverletzungen gilt besondere Vorsicht. „Nach Fuß- und auch Knieverletzungen wie Bänderrissen sollte zunächst gezielt Muskelaufbau und Propriozeptionstraining, also Stabilitätsübungen und Gleichgewichtstraining auf instabilen Untergründen, bei einem Physiotherapeuten betrieben werden“, rät Ute Repschläger. Der Physiotherapeut erkennt auch angeborene Fehlstellungen, bei denen der Verzicht auf Schuhe nicht sinnvoll ist.

Fit fürs Barfußlaufen?

Wer wissen möchte, ob er fit genug dafür ist, kann mit kleinen Tests seine Füße überprüfen. Und wenn es nicht so ganz reicht, sind schon einfache Übungen (siehe unten) sehr effektiv, um die Muskulatur zu trainieren.

Ist die Achillessehne flexibel genug?

Stellen Sie sich in Schrittstellung mit dem Gesicht zu einer Wand und stützen Sie sich mit beiden Händen mit gestreckten Armen an der Wand ab. Das vordere Bein ist leicht gebeugt, das hintere Bein ist gestreckt. Versuchen Sie, mit der hinteren Ferse den Boden zu berühren. Je weiter Sie das Bein nach hinten stellen, desto schwieriger wird es sein, die Ferse flach auf den Boden zu platzieren. Gleiches gilt, wenn Sie bei der Durchführung der Übung das hintere Bein im Knie leicht beugen und dabei ebenfalls nicht mit der Ferse den Boden berühren können. Den Test sollten Sie für beide Beine durchführen.

Trainingstipps für die Achillessehne

Diese Tests können ebenfalls als Dehnübung gemacht werden. Nehmen Sie die vorher beschriebene Ausgangsstellung ein. Sie drücken bei dem hinteren Bein die Ferse in Richtung Boden und sollten dabei eine Dehnung in Ihrer Wade spüren. Diese Übung führen Sie sowohl mit geradem als auch mit leicht gebeugtem Knie durch. Diese Dehnungen sollten Sie für jedes Bein für jeweils 30 bis 60 Sekunden halten und pro Seite drei- bis fünfmal wiederholen.

Alternative Übung: Stellen Sie sich dazu mit beiden Vorfüßen auf eine Treppenstufe. Zur Unterstützung am Treppengeländer festhalten. Ein Fuß begibt sich nun in den Zehenspitzenstand, bevor die Ferse langsam in Richtung der unteren Treppenstufe bewegt wird. Achten Sie darauf, dass das Bein gestreckt bleibt. Nun wird diese Position etwa 30 bis 60 Sekunden gehalten, danach folgt der Wechsel auf das andere Bein. Es kann durchaus zehn bis zwölf Wochen dauern, bis sich die Elastizität Ihrer Sehnen verbessert.

Tipps für die Plantarsehne

Wer bei der Überprüfung der Achillessehne nicht gut abgeschnitten hat, sollte sich auch die Plantarsehne vornehmen, da die vermutlich auch etwas Training benötigt. Die Plantarsehne ist einerseits sehr kräftig und wirkungsstark, andererseits lässt sie sich nur schwer dehnen. Man kann jedoch versuchen, Verkrampfungen oder Verdickungen zu lösen, um ihre Flexibilität zu steigern.

Legen Sie dazu im Sitzen ein Bein über das andere, das Fußgelenk ruht auf dem Knie des anderen Beins. Die Plantarsehne verbindet Ferse und Vorfußballen, Sie können die kräftige Sehne gut ertasten und Verhärtungen spüren. Drücken Sie darauf und bewegen Sie dabei die Zehen. Praktizieren Sie das Ganze pro Fuß jeweils zwei Minuten täglich, dreimal in der Woche, bis Sie eine Besserung spüren.

Bewegliche Zehen sind wichtig

Können Sie den großen Zeh einzeln bewegen? Pressen Sie im Stehen Ihren großen Zeh auf den Boden, während Sie die anderen Zehen leicht anheben. Das Fußgelenk sollte allerdings nicht nach innen oder außen gedreht werden. Achten Sie darauf, dass Ihre Großzehe dabei gestreckt bleibt und nicht krallt. Wenn Sie die Großzehe einzeln bewegen können, lässt sich die Balance besser halten.

Trainingstipps für die Beweglichkeit der Zehen

Die Zehenbeweglichkeit kann auch trainiert werden. Heben Sie abwechselnd nur die Großzehe oder die anderen Zehen vom Boden ab. Dies können Sie mehrmals am Tag üben, natürlich am besten ohne Schuhe. Da es hier um das Training der Koordination geht und nicht um die Kraft, werden Sie schnell Verbesserungen bemerken – normalerweise innerhalb von ein paar Tagen bis zu zwei Wochen.

Wer das kleine Trainingsprogramm absolviert hat, wird feststellen: Barfuß zu laufen tut der Seele gut und kann unter den genannten Bedingungen auch gesund sein. „Wer die von Physiotherapeuten empfohlenen Übungen macht, hat auf jeden Fall etwas für die Fußgesundheit getan“, betont die erfahrene Physiotherapeutin Ute Repschläger. „Wer unsicher ist, sollte allerdings besser der Rat des Physiotherapeuten einholen.“

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