Erntedank gestern und heute

Schon die alten Griechen dankten ihren Göttern an einem bestimmten Tag für die gute Ernte. Dieses Jahr wird Erntedank in Deutschland am 1. Oktober gefeiert. Doch ist der Brauch noch lebendig? In den USA ist es sogar ein Feiertag: Thanksgiving.

Eine gute Ernte bedeutet genug zu essen, Freude an den Früchten und an der Fülle der Gaben der Erde. Schon die alten Religionen der Griechen, Juden und Römer verstanden Früchte, Getreide und Wein als Gaben der Götter, die die von ihnen geschaffenen Lebewesen am Leben erhalten.
Zum Beispiel die griechische Göttin Demeter: Sie ist zuständig für die Fruchtbarkeit der Erde, des Getreides, der Saat und der Jahreszeiten. Noch heute lebt der Kult der Demeter in den Bräuchen der griechischen Landbevölkerung weiter. So wird die letzte geerntete Getreidegarbe eines Jahres "Demeter" genannt und bei Erntedankfesten in Frauenkleider gehüllt.

Korb mit Weintrauben und KürbissenIm 3. Jahrhundert hat die Kirche in Rom ein dortiges Erntedankfest übernommen. 1972 legten die deutschen Bischöfe für die katholische Kirche in Deutschland den ersten Oktobersonntag als Erntedank-Termin fest. An diesem Tag werden Früchte, Getreide und Obst an den Altar gelegt oder eine Erntekrone mit Ähren, Blumen und Früchten feierlich in die Kirche eingeholt.
Nach den Gottesdiensten wird gefeiert und getanzt, wird auf Kirchweihfesten, Weinfesten und Jahrmärkten (Kirmes) gefeiert. Auch hier wird die letzte Garbe zu einer Puppe ausstaffiert, die auf dem Feld als "Opfergabe" bleibt oder zum Erntefest mitgenommen wird. Mit der Garbenpuppe wird ein Ehrentanz aufgeführt.

1773 wurde in Preußen erstmals ein regelmäßiger Entedank-Tag eingeführt. Die evangelischen Christen verbinden den Michaelstag (29. September) mit dem Erntedank. In unseren Breiten gehören Weinfeste, die Martinsgans wie auch das Kohlessen im Norden zum Erntedankbrauchtum. Der Almabtrieb steht ebenfalls im Zusammenhang mit dem Erntedank.

Der Ernteabschluss wurde früher oft mit einem Festmahl für Gesinde und Saisonarbeiter beim Bauern oder Gutsherrn begangen. Dabei erfolgte das Schmücken des letzten Erntewagens mit Blumen und Bändern sowie die Überreichung des "Erntekranzes" als Lohn- und Festaufforderung. Erntedank wurde in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts in den katholischen Festkreis aufgenommen (Einfluss der volksliturgischen Bewegung) und erfuhr nach dem 2. Weltkrieg allgemeine Verbreitung.

Thanksgiving in Amerika

In Amerika hat Thanksgiving einen ganz anderen Stellenwert. Erntedank wird dort immer an jedem 4. Donnerstag im November begangen und ist dort auch ein Feiertag.
1621, nach einem harten ersten Jahr in der "neuen Welt", fiel die Ernte der Pilgerväter in Neu England gut aus: Es gab reichlich Mais, dessen Anbau ihnen die Indianer beigebracht hatten, Früchte, Gemüse, eingesalzenen Fisch und über dem Feuer geräuchertes Fleisch genug für einen langen Winter.

Die Siedler hatten sich durchgesetzt: Sie bauten Siedlungen in der Wildnis, hatten eine gute Ernte erzielt, lebten in Frieden mit den Indianern. Gouverneur William Bradford erklärte einen Tag des "Thanksgiving", den die Siedler nach seinen Vorstellungen mit ihren eingeborenen Nachbarn gemeinsam begehen sollten.

Die Tradition des Erntedanks nach der herbstlichen Ernte setzte sich durch die Jahre hinweg fort, der Frieden zwischen Siedlern und Indianern leider nicht. Um 1780 herum wurde die Idee eines nationalen Thanksgiving-Feiertages vom amerikanischen Kongress erstmals diskutiert, 1817 führte der Staat New York Thanksgiving als allgemeinen Feiertag ein, viele weitere Bundesstaaten folgten. Zum nationalen Feiertag wurde Erntedank erst 1863 auf die Initiative Abraham Lincolns hin und auf den vierten Donnerstag im November festgesetzt. Seit dieser Zeit hat jeder jeweils amtierende amerikanische Präsident an diesem Tag eine "Thanksgiving Proklamation" veröffentlicht.

Traditionell kommt zu Thanksgiving ein Truthahn auf den US-Tisch. Die Auswahl der Vorspeisen, Beilagen und für den Nachtisch orientiert sich an dem, was im Spätherbst Saison hat: Kürbis, Karotten, Süßkartoffeln, Äpfel, Nüsse.

Erntedank in aller Welt

In Japan opfern die Bürger am „Tag das Dankes für die Arbeit“ den Göttern den ersten Reis der Ernte. Im Süden Mexikos feiern die Menschen das Erntedank-Festival „Gualeguetza“ und ehren dabei die Maisgöttin Centeotl.

Auf der Karibik-Insel Barbados ist das Ende der Zuckerrohr-Ernte im Juli Grund für ein ausgelassenes Fest mit Kostüm-Umzügen und viel Musik.

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