Barockpracht im Baltikum: Vilnius

Ob es daran liegt, das Vilnius einst die Haupstadt eines litauisch-polnischen Großreiches war, oder das in Litauen der katholische Glaube überwiegt - auf alle Fälle ist Vilnius in Aussehen und Atmosphäre weit entfernt von seinen baltischen Nachbarhauptstädten Riga und Tallin. In seiner barocken Pracht erscheint es dem Besucher bei Sonnenschein viel eher wie eine südeuropäische Schönheit!

Weltkulturerbe Altstadt
Viele Bauwerke der von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärten Altstadt Vilnius sind im barocken Stil erbaut. Dazu gehören prächtige sakrale Gebäude wie die Kirche des Hl. Franz und Bernhadinerkirche, die Dreifaltigkeitskirche und die Kirche des Hl. Kasimir.

Eine Wallfahrtsstätte für Katholiken ist das "Tor der Morgenröte", indem sich eine Ikone der Barmherzigen Muttergottes befindet, die von Litauern, aber auch polnischen Gläubigen stark verehrt wird.Image

Zentral liegt der klassizistische Dom, der durch seine Säulen, die Statuen an der Fassade und den freistehenden Glockenturm beindruckt. Gleich neben dem Dom befindet sich das ehemalige Arsenal, indem man sich heute im National- Museum über die Landesgeschichte des einst mächtigen Litauens informieren kann. Vom Hof des Arsenals fährt eine steile Zahnradbahn auf den Hügel zum Gediminas-Turm, ein alter Festungsturm, der den Namen des Gründers der Stadt trägt. Hier hat man einen sagenhaften Ausblick auf weite Teile der Stadt und ins Tal der Neris sowie den Kalnu-Park, der die grüne Lunge der Stadt ist und zu Waldspaziergängen einlädt, die nur 10 Minuten vom Zentrum entfernt liegen. Abends ist der Park und das Flussufer auch ein beliebter Treffpunkt der jugendlichen Stadtbewohner.
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Gedimino-Straße
Großfürst Gedimino verlegte die Hauptstadt seines Reiches von Trakai in das von ihm begründete Vilnius. Deshalb trägt die prächtigste und weitläufigste Straße seinen Namen. Auf diesem Boulevard befinden sich zahllose Restaurants und Geschäfte der Luxusklasse genauso wie Theater, Museen und Hotels. Wem nach der schnurgerade vom Fluß zum Dom verlaufenden Gedimino-Strasse die Füße brennen, der kann in Vilnius direkt auf drei Formen des öffentlichen Nahverkehrs zurückgreifen: Bus, Tram oder Trolley-Bus, der mit seinen Stromabnehmern recht leise durch die Stadt fährt. Hierbei ist es eine Überlegung wert, je nach Aufenthaltsdauer eine der City-Cards zu erwerben, die man in der Tourismus-Info (Vilniaus St. 22,Tel. +370 5 262 9660 ) oder auch am Bahnhof erhält. Neben freier Benutzung von Bus und Bahn bekommt man mit der Vilnius-Card in bestimmten Museen und Galerien Ermäßigungen sowie Nachläße in ausgewiesenen Geschäften. Ausschließlich für den Nahverkehr sollte man jedoch keine City-Karte erwerben, denn die regulären Tickets sind erschwinglich und weite Teile der Stadt sind zu Fuß gut zu erreichen.

Wer zu Fuß geht, sieht auch mehr in Vilnius. So kann man auf einer kleinen Brücke, die das Flüsschen Vilnia überspannt, einen schönen Hochzeitsbrauch entdecken: An dem schmiedeeisernen Geländer verewigen sich die Hochzeitspaare der Stadt, indem sie ein mit ihren Initialen versehenes Vorhängeschloß anbringen. Neue Sicherheitsschlößer glänzen dort neben alten, rostigen Ungetümen, die schon von weitem nach Goldener Hochzeit aussehen.Image

Das grüne Haus

In einem unscheinbaren Holzhaus in der Pamenkalnio-Strasse verbirgt sich die Holocaust-Gedenkstätte Vilnius. Vor dem Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt "Jerusalem des Nordens" genannt, da sie eine vielköpfige und kulturell hochaktive jüdische Stadtbevölkerung hatte. Fast jeder dritte Bürger Vilnius vor dem Krieg war Jude.
In der erschütternden Ausstellung erfährt man, dass fast alle 55.000 jüdischen Einwohner unter tatkräftiger Mithilfe der einheimischen Bevölkerung von den deutschen Einsatzgruppen zwischen 1941 und 1944 ermordet wurden.
Auch wenn man als Tourist normalerweise anderes im Sinn hat, sollte man diesen schmerzhaften Besuch im Westen der Altstadt machen.


Die Universität
Für Architekturfreunde und Geschichtsinteressierte empfiehlt sich ein Besuch der 1579 gegründeten Universität. Der prächtige Große Hof mit seinen Arkaden und der strahlend weißen Johanniskirche vermittelt anschaulich das Universitätsleben zu Beginn der Neuzeit.
Dort im Hof ist auch die Buchhandlung "Litera" angesiedelt, die man zwar nicht unbedingt für ihr Angebot, aber für die Deckengemälde und die Atmosphäre des Ladens aufsuchen sollte.

Das Kontrastprogramm dazu bietet die Shopping-Mall "Akropolis". Wenn man einen Regentag in Vilnius überbrücken möchte oder Sehnsucht danach hat, seine Kreditkarte zu überziehen, der findet in der etwas nördlich der Neris gelegenen Mall ein schier unüberschaubares Angebot. Neben unzähligen Shops beherbergt das "Akropolis" ein Kino-Center ( zeigt englischsprachige Filme ), eine Eislaufbahn, ein Bowlingcenter und sogar ein Schönheitszentrum.

Essen und Trinken
Natürlich gibt es in Vilnus wie in anderen europäischen Großstädten Restaurants für jeden Geschmack. Typisch für Litauen ist eine deftige Küche, die man am besten mit dem Wort Hausmanskost umschreiben kann. Fleischpasteten, Speckknödel oder Kartoffelpuffer bilden die sättigende und schmackhafte Kost. Eine besondere Spezialität, die man am besten bei einem Bier auf dem Rathausplatz genießt, sind Vdarai, die aus einer Wursthaut mit Kartoffelfüllung bestehen und mit Rahm gereicht werden.

Im Jahr 2009 ist Vilnius zusammen mit der österreichischen Stadt Linz Kulturhauptstadt Europas. Wer also noch dieses Jahr in den Nordosten reisen möchte, kann mit einem besonderen Programm rechnen, sollte aber auch rechtzeitig Unterkunft und Anreise buchen.



Kurzinfo Vilnius
- Haupstadt Litauens
- 54° Breitengrad Nord, etwa auf einer Höhe mit Danzig oder Flensburg
- ca. 550.000 Einwohner
- Sprache: Litauisch
- Anreise: Flugzeug ( nach Vilnius ) oder Auto ( via Polen ) oder mit der Fähre ( Kiel - Kleipeda )
- Währung: Litas ( = 100 Centai )

Vilnius im Internet

Alle Fotos: M.Struppek, familien-welt.de