Domberg und Rathausplatz
Eine Ersteigung des Dombergs bietet dem Besucher einen wunderschönen ersten Blick auf Tallinn, seinen Hafen, seinen Marktplatz und seine zahlreichen Türme.
Im Dom hängen die geschnitzten und farbenfrohen Wappenschilder zahlreicher deutscher und schwedischer Adelsfamilien, die über Jahrhunderte hinweg die Geschichte des Landes geprägt haben.
Besonders auffällig ist das Grabmal eines schottischen Admirals, der auf russischer Seite gegen die Türken gekämpft hat und hier im Dom von Tallin begraben liegt - Globalisierung in alten Zeiten!
Steigt man dann vom Domberg in die Altstadtgassen hinab, fühlt man sich an die alten flandrischen Städte Brügge, Gent und Brüssel erinnert. Und so wie am Grand Place in Brüssel sitzt man in Tallinn vor der Kulisse des gotischen Rathauses und kann einen Kaffee oder ein Saku-Bier trinken und die Welt an sich vorbeiziehen lassen. Aber nicht zu lange, denn es gibt noch soviel zu sehen.
Direkt um die Ecke vom Rathaus ist im ehemaligen Ratsgefängnis ein kleines Fotomuseum untergebracht, indem sowohl die Entwicklung der Fototechnik, als auch estnische Fotografien der letzten 150 Jahre ausgestellt sind.
Kunstmuseum, geplant vom großen Zaren
Unbedingt sollte man in die Tram Nr. 4 steigen und zum Kadriorg-Schloß fahren. Dieses Schloß hat Zar Peter d. Große seiner Frau im barocken Stil erbauen lassen. Es wird heute als Kunstmuseum genutzt, in dem man z.B. die Gemälde alter holländische Meister findet.
Wer lieber die der estnischen Kunst auf die Spur kommen will, der findet wenige Schritte weiter den hochmodernen Bau des KUMU, des Kunstmuseums.
Eine umfangreiche Sammlung estnischer Kunst und wechselnde Ausstellung kontemporärer Kunst sind hier seit 2006 in einem architektonisch sehenswerten Bau beheimatet. Kunstliebhaber sollten ausreichend Zeit einplanen, um diesen prämierten Museum gerecht zu werden.
Fussläufig vom KUMU liegt der Sängerfestplatz. Bis zu 20.000 Sänger können hier bei regelmäßig stattfindenden Sängerfestivals auftreten.
Die stark mit ihrem Liedgut verwurzelten Esten begannen übrigens 1988 ihren Widerstand gegen die sowjetische Herrschaft, indem sie bei Demonstrationen verbotene Lieder sangen - die später sogenannte "Singende Revolution". Von hier aus ging der Funken auf Lettland und Litauen über und gipfelte am 23.August 1989 in einer 600 KM ( ! ) langen Menschenkette von Vilnius über Riga nach Tallinn, die die Unabhängigkeit der drei Staaten einforderte.
Wer sich für die Geschichte Estlands zwischen 1940 und 1991 interessiert, kann im Okkupationsmuseum in der Toompea 8 von deutscher und sowjetischer Besatzung sowie dem Widerstand der sogenannten "Waldbrüder" erfahren.
Shoppen in der Altstadt
Zurück in der Altstadt kann man der Shoppinglaune nachgehen, Handarbeit nach alter Tradition gibt es beispielsweise in der Katharinengilde an der Stadtmauer. In Konkurrenz zu Lübeck versteht sich auch Tallinn als Marzipanstadt und die Produktion von Leinen und Spitze hat hier Tradition.
Viel moderner dagegen sind Tallinns Schuhläden, in denen vor allem Frauen eine reichhaltige (meist hochhackige) Schuhmode vorfinden. Auch auf dem gröbsten Kopfsteinpflaster hört man das laute Klacken der gekonnt getragenen Highheels der Tallinner Frauenwelt!
Überhaupt sollte man bei aller Historie Tallinn nicht nur als pitoreskes Überbleibsel einer vergangenen Welt betrachten. Es ist genauso die moderne Hauptstadt einer jungen Republik, in der landesweit kostenlose Wireless-Internetanschlüsse angeboten werden und auch postmoderne Gebäude ihren Platz finden. Und wer am Ende des Tages seine Füße noch bewegen kann, kann auch die hellen Nächte Tallinns durchtanzen.
Kurzinfo Tallinn
- Haupstadt des nördlichsten baltischen Staates Estland
- 59° Breitengrad Nord, etwa auf der Höhe von Stockholm
- ca. 400.000 Einwohner
- Sprache: Estnisch ( aus dem finno-ugrischen Sprachraum )
- Anreise: Flugzeug, Auto ( über Polen, Litauen und Lettland ), Fähren von Rostock, Stockholm oder Helsinki
- Währung: Estnische Krone
Alle Fotos: Michael Struppek