Das läuft dann folgendermaßen ab: Die Obermilchmutter macht einen Monats-Milch-Verteiler-Plan. Alle - natürlich freiwilligen - Helfer bekommen danach ihre Termine, wann sie in der Schule ihres Amtes walten müssen. Sie erscheinen an diesen Terminen morgens in der Schule, nehmen sich der angelieferten Kästen mit den Milchflaschen an und stellen diese dann nach den Bestellungen pro Klasse zusammen. Ist doch ganz einfach! Und geht ganz schnell.
Was das Schaffen von Jobs anbelangt, können Wirtschaft und Politik sich bei den Schulen wirklich eine Scheibe abschneiden: Meine Freundin Inge beispielsweise gehört zur Gruppe der Brötchen-Mütter an der Schule ihres Sohnes, da hat sie richtig zu tun: 500 Brötchen plus Zubehör kaufen, schmieren und an hungrige Schüler zum Selbstkostenpreis verkaufen - und das etwa alle zwei Wochen.
Bewundernswert finde ich auch den Einsatz meiner Freundin Birte, die das Schulverschönerungs-Team leitet. Von der Planung über das Organisieren von Spendengeldern bis zum Wochenend-Pflanzeinsatz liegt alles in ihren Händen - selbstverständlich mit der Unterstützung von vielen freiwilligen Helfern. Andere Eltern managen die Bibliothek, sind Aufseher beim mittäglichen Schulbus-Start oder führen die Listen des Schulvereins.
Mein Mann hat auch schon mit anderen engagierten Eltern den Klassenraum gestrichen, der es sehr nötig hatte. Zum neuen Schuljahr stand dann urplötzlich der Umzug in einen anderen Raum an: wieder ziemlich heruntergekommen, dazu auch noch zu klein und ohne Garderobenhaken. Muss doch genutzt werden, wenn es ein Renovierungs-Team unter den Eltern gibt...
Ich selber gehöre dem kleinen Trüppchen an, das als Begleitung bei Schulausflügen zur Verfügung steht. Denn - ist doch klar - bei dem Lehrermangel steht immer nur ein Lehrer für einen Ausflug zur Verfügung, die nötige zweite Begleitperson muss von den Eltern gestellt werden. Auf diese Weise habe ich schon meine Heimatstadt per Bus und Bahn im Rahmen einer Rallye kennengelernt, war im hiesigen Schulmuseum, im Rathaus und in der Kunsthalle und habe den naturkundlichen Ausflug in unser Wäldchen um die Ecke begleitet.
Jetzt frische ich gerade mein Latein auf. Versteht doch jeder: Wenn ein Lehrer gleichzeitig stellvertretender Rektor ist, kann er nicht immer im Unterricht präsent sein. Und wenn dann plötzlich Panik aufkommt, weil die Kids noch nicht die nötigen Lektionen für die Vergleichsarbeit gelernt haben, dann springen doch gern die Eltern ein und unterstützen!
Ist natürlich ein bisschen stressig für die, die in ihrer Jugend kein Latein hatten - aber dann macht man eben noch einen kleinen Kurs, die Zeit hat doch jeder locker übrig!
Nur als ich anbot, im Kunstunterricht auszuhelfen, weil die zuständige Lehrerin wegen eines gebrochenen Beines ausfiel und der Unterricht wochenlang nicht stattfand, pfiff mich meine Tochter zurück: "Voll peinlich Mama, und außerdem wollen wir lieber ausschlafen."
Tja, so ist das: viel Einsatz, wenig Lohn. Ist eigentlich erstaunlich, dass die Schulen trotzdem finanziell so schlecht dastehen. Was die Eltern mit ihren selbstlosen Einsätzen so zu zusammensparen, müsste locker mehrere Millionen im jährlichen Haushalt ausmachen.
Aber seien wir ehrlich: So ganz selbstlos ist das Engagement vielleicht doch nicht. Denn unsichtbar über uns schwebt der Heiligenschein "engagierte Mutter" oder "engagierter Vater". Und diesen Glanz nehmen mit Sicherheit auch die Lehrer wahr. Und die geben unseren Kindern schließlich die Noten...
Und manchmal wird man für seinen engagierten Einsatz auch noch belohnt: Stellen Sie sich vor, ich darf jetzt mit meinem Kind auf eine Wochenendreise gehen! Wir haben nicht etwa beim Schulfest den Hauptpreis gewonnen, nein, nein. Aber die Lehrer sind dieses Jahr nicht in der Lage, mit den Kindern auf Klassenreise zu gehen. Also haben sich die Elternvertreter dran gemacht und einen zweitägigen Aufenthalt im Schullandheim für Eltern und Kinder der ganzen Klasse ausgearbeitet.
Abenteuer pur auch für uns alte Knochen: Übernachtung im Mehrbettzimmer mit komfortablen Stockbetten, Küchendienst, Großraumduschen auf dem Gang; dazu Wanderungen zu den Highlights des Dorfes, Lagerfeuer und Fußball Eltern gegen Kinder.
Sollten Sie jetzt vor Neid grün anlaufen: Fragen Sie doch mal die Klassenlehrer Ihrer Kinder, ob sie statt einer stressigen Klassenreise nicht lieber ein freies Wochenende haben wollen - und schon können Sie Ihrem Heiligenschein neuen Glanz verleihen!
Foto 1: Pixabay, Foto 2: , Foto 3: Kassandra, alle Pixelio