Wenn die Schule krankmacht

Fast jedes fünfte Kind unter 18 Jahren in Deutschland leidet unter den Folgen von Schulstress. Die häufigsten Symptome sind Kopf- und Bauchschmerzen, Nervosität, Angstzustände, Lern- und Schlafstörungen und nicht selten sogar Agressivität. Was man dagegen tun kann, erfahren Sie bei uns.

Stress macht auch vor Kindern und Jugendlichen nicht Halt. Und so sind die jüngsten Umfragen alarmierend: Fast 20 Prozent der minderjährigen Schüler stehen so stark unter Stress, dass sie sich bereits mit körperlichen Beschwerden rumplagen müssen. Doch was genau stresst die Schüler so, warum können sie den Stress nicht abbauen und was kann dagegen getan werden?

ImageWarum kann Stress krank machen?
Stress kann richtig ungesund sein, wenn es nicht gelingt, ihn zu reduzieren. Dabei war Stress einst ein ganz durchdachter und gewollter Zustand des Körpers: Die komplette Mobilmachung dank einer erhöhten Ausschüttung des Hormons Adrenalin, später auch Cortisol, sorgt schließlich für eine nervliche Anspannung und volle Konzentration, die in den frühen Jahren der Menschheit förmlich das Überleben sichern konnte. Die Jagd, die Flucht, der Kampf - die körperliche Ertüchtigung, die dem Stress folgte, baute auf ganz natürliche Weise die bekannten Stresshormone wieder ab. In der heutigen Zeit geschieht dies nur noch selten. Nicht nur den Erwachsenen, auch den Kindern gelingt es häufig nicht, sich regelmäßig "auszupowern". Statt Sport und körperliche Aktivität sitzen die lieben Kleinen lieber vor dem Computer und der Spielkonsole. Die Folgen sind unangenehme Stressstaus, die sich gerne als Kopf- und Bauchschmerzen, Nervosität, Angstzuständen, Lern- und Schlafstörungen und Agressivität bemerkbar machen.

Was stresst die Kinder und Jugendlichen?
Nicht immer sind so deutliche Ursachen, wie Ärger mit dem Lehrer, mit den Klassenkameraden oder schlechte Noten, für Stress verantwortlich. Der ständige Druck, den Anforderungen des Unterrichts nicht gewachsen zu sein und die guten Noten halten zu wollen oder lediglich Angst vor Arbeiten und Prüfungen lassen die Körper vieler Schüler unbewusst reagieren. Zunächst fängt alles eher harmlos an: Fingernägel werden gekaut, das Kind hat keinen Appetit oder genau das Gegenteil: es futtert in sich hinein, was das Zeug hält. Dann fühlt es sich schnell angegriffen, reagiert gereizt und zuweilen auch aggressiv. Andere Kinder reagieren eher lustlos, traurig und fühlen sich schlapp. Wenn Eltern bei ihren Kindern oder sogar Schüler bei sich selbst solche Symptome feststellen, gilt es schleunigst einzugreifen...

ImageWas kann man tun gegen Stress?
Zunächst sollte in einem Gespräch mit dem betroffenen Kind geprüft werden, ob bestimmte Situationen bzw. Personen für den Stress verantwortlich sind. Da könnten dann schon Gespräche z.B. mit dem Lehrer bzw. mit einem Klassenkamerad helfen, die Situation zu entschärfen. Ansonsten kann eine bessere Planung der Nachmittage äußerst hilfreich sein: Wenn viele Hausaufgaben zu erledigen sind, sollten zum einen zwischendurch kleine Ruhephasen (Spaziergang, kurzes Schläfchen u.a.) eingelegt werden, um die Konzentration nicht zu überfordern, zum anderen sollte beim Lernen keine Musik oder der Fernseher laufen. Das lenkt genauso wie das Telefonieren mit Freunden nur ab und kostet zusätzliche Energie und Zeit. Für das Lernen vor Arbeiten und Prüfungen benötigt es eine gute Planung mit festgelegten Lern- und Pausenzeiten, so dass kein Stress entstehen kann. Wer den Lernstoff in mehreren Tagen in kleinen Blöcken und nicht erst hastig den ganzen Wust einen Tag vorher aufnimmt, muss z.B. gut vorbereitet auch keine Angst vor der wichtigen Arbeit haben. Ansonsten ist natürlich regelmäßiger Sport bzw. ein aktives Hobby der beste Stresskiller. Wer sich regelmäßig bewegt und Sport treibt, baut schnell die ungesunden Stresshormone ab und somit auch die körperlichen und auch psychischen Stressreaktionen. Stattdessen sprudeln Glückshormone durch den Körper, bringen Lebensfreude und steigern das Selbstwertgefühl. Das bedeutet letztendlich, dass der Körper wieder so richtig in Schwung kommt und depressive Verstimmungen weichen. Auch die Muskulatur wird gelockert, Verspannungen lösen sich und die evtl. dadurch hervorgerufenen Kopfschmerzen verschwinden dank einer verbesserten Durchblutung.

Und wenn alles nicht hilft?
Manchmal nimmt der Schulstress überhand, und der Schüler ist nicht mehr in der Lage, sich selbst zu helfen. Dann besteht immer die Möglichkeit, sich Hilfe zu suchen. Wenn Probleme nicht mit den Eltern gelöst werden können bzw. sollen, findet man bei Beratungsstellen, Telefon-Hotlines oder im Internet die nötige Unterstützung:

Die Telefonseelsorge bietet neben Gesprächen am Telefon auch einen Austausch per Mail und Chat an. Hier findet man Hilfestellung, Beratung und Begleitung in schwierigen Lebenssituationen - anonym, vertraulich und gebührenfrei. Tel.: 0800/1110111 oder 0800/1110222 (rund um die Uhr), www.telefonseelsorge.de.

Die Nummer gegen Kummer e.V. bietet Rat und Unterstützung bei kleinen und großen Problemen an - kostenlos, anonym und vertraulich. Das Kinder- und Jugendtelefon ist ein telefonisches Gesprächs- und Beratungsangebot für Kinder und Jugendliche jeden Alters. Tel.: 0800/1110333 (Mo.-Fr. 15 bis 19 Uhr). Das Elterntelefon ist ein bundesweites telefonisches Gesprächs-, Beratungs- und Informationsangebot, das Eltern in den oft schwierigen Fragen der Erziehung ihrer Kinder schnell, kompetent und anonym unterstützt. Tel.: 0800/1110550 (Mo./Mi. 9 bis 11 Uhr und Di./Do. 17 bis 19 Uhr), www.nummergegenkummer.de. Weitere Infos finden zum Thema Zeugnis-Kummer hier.

Fotos: 1. Jens Weber, 2. Thommy Weiss, 3. Claudia Hautumm - alle Pixelio