Schaden Influencer unseren Kindern?

Eigentlich ist schon der Begriff Influencer - Beeinflusser - negativ. Denn wer will sich schon durch kleine Filmchen, geschönte Fotos oder durch mehr oder minder sinnlose Challenges beeinflussen lassen! Trotzdem üben sie eine Faszination aus und Millionen Menschen folgen ihnen. Warum ist das so?

Wie funktioniert die Beeinflussung durch Influencer ?

Dies ist kein ganz neues Phänomen, denn die sogenannten parasozialen Beziehungen gab und gibt es schon beim Fernsehen: Zuschauer empfinden ihre Lieblingsdarsteller oder Talkmaster als Freunde, da sie sie ja fast jeden Abend sehen. Dabei vergessen einige, dass umgekehrt die Schauspieler niemanden ihrer Fans kennen und neben ihrer Rolle ein ganz anderes Leben führen.

So ist es auch bei Instagram, TikTok und Co.. Die User haben das Gefühl, am Leben derer, denen sie folgen, teilzuhaben und alles über sie zu wissen. Gerade noch nicht gefestigte Jugendliche sind hier gefährdet, Meinungen, Moderichtungen oder Körperideale zu übernehmen und ihren Idolen nachzueifern. Sie hoffen, dass auch auf sie ein bisschen Glanz fällt und sie für nachgeahmte Posts viele Likes bzw. in der gewünschten Gruppe Anerkennung bekommen.

Buchcover: Falsche VorbilderAlicia Joe, eine erfolgreiche YouTuberin im deutschen Raum, und die Journalistin Sabine Winkler haben gemeinsam das Buch "Falsche Vorbilder" geschrieben und entlarven fundiert und sachlich die dunklen Seiten der Influencer. Wir haben uns mit Thema und Buch auseinandergesetzt und die wichtigsten Aspekte für Sie zusammengetragen.

Unrealistischen Schönheitsidealen nacheifern

Wer durch Social Media auf das Leid von Hunden und Katzen aufmerksam gemacht wird und entsprechende Organisationen finanziell unterstützt, kann eigentlich nicht viel falsch machen. Trotzdem ist es sicher sinnvoll, etwas zu recherieren, um sicher zu sein, dass die gewählte Organisation seriös ist und die Spende auch wirklich bei den Tieren ankommt.

Geht es aber darum, seinen Körper und/oder das Gesicht einem bestimmten Vorbild anzugleichen, wird das Ganze gefährlich - und teuer. Wer genau hinschaut, merkt schnell, dass aufgespritze Lippen, ein glattes Gesicht, eine schmale Taille, ein monströses Hinterteil und schlanke Beine ohne Cellulite anscheinend das Maß der Dinge sind.

Kim Kardashian ist ein typische Beispiel: Ihre 327 Millionen Follower bei Instagram haben es ihr ermöglicht, ein Vermögen aufzubauen - laut US Magazin Forbes bereits 1,8 Milliarden Dollar! Dass sie selber vermutlich sehr viel Geld in ihren Körper investiert hat und sie und ihre Schwestern auch kräftig mit Bildbearbeitungsprogrammen nachhelfen, ist den vielen Fans wahrscheinlich nicht klar.

Viele Influencer stellen dieses Eifern nach einem unrealistischen Körperbild auch noch als feministische Selbstliebe dar - dabei ist das Gegenteil der Fall. Die geschönten Damen mit ihren sinnlich geöffneten Lippen sehen allesamt eher wie eine feuchte Männerfantasie aus.

Trotzdem gibt es viele Nachahmer. Laut der International Society of Aesthetic Plastic Surgery (SAPS) boomen Gesäßstraffungen und -vergrößerungen. Besonders Letztere sind äußerst schmerzhaft - und eine von 3000 Frauen stirbt nach diesem Eingriff.

Probleme erfinden, um Bedarf zu wecken

Darin sind nicht nur die Influencer gut, sondern auch die Konzerne. Beispiel Augencremes: Sie sind überflüssig, da die normale Gesichtscreme völlig ausreicht. Trotzdem sind sie ein Verkaufsschlager, denn wer will schon Augenfalten haben? Oder wie wäre es mit "Secret Lips", ein Produkt für knapp 100 Euro, mit dem sich Schönheitssüchtige die Lippen selber "aufspritzen" können. Der Hersteller erreicht Millionen-Umsätze, Influencer machen es populär und bieten Rabatt-Coupons - Ärzte raten dringend davon ab.

Zahnbehandlungen mit Veneers und Kronen schaden den Zähnen, aber für ein strahlend weißes Gebiss lässt man sich doch gerne die gesunden Zähne abschleifen und überkronen! Die Spätfolgen werden nicht bedacht...

Influencer als Experten

Ein weiblicher Instagram-Star schwärmt von einer Anti-Zellulite-Creme, ein männlicher erfolgreicher Youtuber zeigt Übungen, mit denen angeblich schnell ein Sixpack entstehen soll. Und viele FollowerInnen kaufen die Creme oder machen diese Übungen nach, ohne jedes Hinterfragen. Bis herauskommt, dass die Creme Allergien auslöst oder einige der Übungen zu Muskelabrissen führen können, ist schon eine Menge Geld in die entsprechenden Taschen geflossen.

In England, Frankreich und Norwegen dürfen Cremes oder Seren nicht beworben werden, wenn die Influencer einen Filter benutzen. In Deutschland gibt es solche Gesetze leider noch nicht. Auch sonstige Tricksereien mit Photoshop und massive Eigenwerbung sind erlaubt und müssen nicht gekennzeichnet werden.

Alicia Joe und Sabine Winkler empfehlen Usern daher, nach Vorbildern Ausschau zu halten, "die Ahnung von Anatomie und Physiologie des Menschen haben und ihre Fitnesstipps sportwissenschaftlich begründen können".

Ähnlich ist es, wenn es um Ernährungs- und Abnehmtipps geht. Die Soziologin Naomi Smith von der University of the Sunshine Coast und Justine Topham von der Federation University haben bei einer systematischen Untersuchung gefährliche Fehlinformationen in YouTube-Videos gefunden, die schon oft als falsch entlarvte Mythen über Entgiftung und Reinigung des Körpers betreffen. Die Forscherinnen entdeckten in 84 Diätvideos Falschinformationen, die auf eine Weise präsentiert wurden, die Fachwissen oder wissenschaftliche Glaubwürdigkeit durch persönliche Erfahrungen vorgaukelten.

"Die Leute denken vielleicht, dass gesundheitliche Fehlinformationen leicht zu erkennen sind, aber unsere Untersuchung zeigt, dass es ziemlich schwierig ist, vor allem für die, die großen Wert auf ihr Körpergewicht legen, gut aussehen, sich gut fühlen und Ihre Ernährung ändern wollen. Was-ich-heute-esse-Videos mögen unterhaltsam sein und vernünftig oder wissenschaftlich erscheinen, aber sie sollten nicht als Gesundheitsratschläge verstanden werden", so Naomi Smith (1).

Instagram: Schlecht für die Psyche?

Eine internationale Studie ergab, dass die schicken Hochglanzfotos besonders an junge Frauen gerichtet sind, die sich auch davon beeinflussen lassen und als Folge unzufrieden mit ihrem Körper sind. Dazu kommen noch die Selfie-Kameras, die ein unrealistisches Bild zeigen - was die Unzufriedenheit noch verstärkt.

Eine andere Studie ermittelte, dass 90 Prozent der befragten Frauen zwischen 18 und 34 Jahren wegen der Nutzung sozialer Netzwerke glauben, andere Menschen seien erfolgreicher als sie. Außerdem fühlen sie sich im Bezug auf ihr Körperbild unter Druck gesetzt.

Viele User, die sich vor allem für Beauty- und Fitness-Influencer interessieren, besuchen auch Accounts zum Thema Depressionen und Angstzustände. Das fand das Unternehmen Meta (vorher Facebook), zu dem auch Instagram gehört, heraus (Quellenangabe im Buch). Veränderungen hat dieses Wissen nicht zur Folge.

Glanz und Elend der Blogger-Familien

Die beiden Autorinnen untersuchen in ihrem Buch auch, wie Familien-Blogger ihren Kindern schaden können. Denn oft werden diese rücksichtslos der Öffentlichkeit vorgeführt, auf dem Töpfchen, in ihrem Zimmer oder krank im Bett fotografiert und haben so keinen Rückzugsort mehr, in dem sie sich sicher fühlen können. Auch gewinnt man bei diesen Bloggern den Eindruck eines Hochglanz-Familienlebens, das die vielen Follower möglicherweise tief frustriert. Denn bei welcher Familie ist immer alles "Friede, Freude, Eierkuchen"?

Fazit

Kinder und Teenies mit Selbstbewusstsein und einem kritischen Geist werden sicher nicht so leicht Opfer von Influencern. Sicher auch ein gutes Mittel, um sich von der falschen Hochglanz-Welt nicht blenden zu lassen: Gelassenheit und Humor. Und wer sich ab und zu dabei entspannt, sich witzige Videos, schnuckelige Tierfotos, interessante Rezepte oder tolle Naturaufnahmen anzusehen, ist sicher nicht in Gefahr, seine Werte zu verlieren.

Und nicht zu vergessen: Es gibt ja auch die Möglichkeit, Kritik an oberflächlichen Posts oder falschen Informationen zu posten. Wenn das viele machen, kommt vielleicht ja auch mal ein Influencer zum Nachdenken. Oder er macht es wie die arrogante Heidi Klum, die anscheinend mit Kritik nicht gut umgehen kann: Sie hat die Kommentarfunktion ausgeschaltet. Anscheinend hat sie es nötig...

Das Buch zum Thema: "Falsche Vorbilder - Wie Influencer uns und unsere Kinder manipulieren" von Alicia Joe und Sabine Winkler ist bei Yes Publishing erschienen und kostet 19,99 Euro.

Quellen und Bildrechte:

  • (1) www.pressetext.com
  • Foto 1: Bild von pixabay.com>Thomas Ulrich auf pixabay.com>Pixabay
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