Wenn Kinder lügen

...ist es oft für die Eltern sehr schwer, damit umzugehen. Schnell kommt die Frage nach Fehlern in der Erziehung. Doch Kinder müssen erst lernen, was es bedeutet, die Unwahrheit zu sagen. Doch wie geht man damit um, wenn man den Nachwuchs beim Lügen erwischt?

"Lügen haben kurze Beine" oder "Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht" - wer kennt sie nicht, die alten Sprichwörter. Ehrlichkeit wird in den meisten Familien ganz groß geschrieben. Umso schockierter sind dann die Eltern, wenn sie ihr Kind beim Lügen erwischen. Eine anschließende Moralpredigt ("In unserer Familie wird nicht gelogen") oder sogar massive Drohungen ("Lügst Du mich noch einmal an, dann knallt es!") sind dann jedoch definitiv die falschen Reaktionen. Vielmehr heißt es erst einmal Ruhe bewahren! Sicher ist es nicht schön, wenn ein Kind seine Eltern belügt. Doch wer kann schon von sich behaupten, noch nie gelogen zu haben? Oder waren das etwa nur "Notlügen"?

Je jünger ein Kind ist, desto eher lügt es. Es muss erst noch lernen, was es bedeutet, die Unwahrheit zu sagen. Doch warum kommt den Kindern eine Lüge so leicht über die Lippen?

Fantasie, Sehnsucht und Wirklichkeit: Solange die Kinder noch nicht im Schulalter sind, können sie zwischen Lüge und Wahrheit nicht wirklich unterscheiden. Gerne werden kleine Geschichten erfunden, es wird maßlos übertrieben und alles wird zum Spiel: Die Puppe hat das und das erzählt, ein Monster sitzt im Schrank und ach ja, mit dem besten Freund ist man am Nachmittag um die halbe Welt gesegelt... Kleinkinder erschaffen sich ihre eigene Wirklichkeit. Und wird es mal unangenehm, wird einfach gemogelt.

Aufmerksamkeit: Schon die Kleinen möchten sich gerne interessant machen und suchen Anerkennung bei ihren Freunden ("Ich kann ganz toll tauchen"), ohne dass sie sich darüber im Klaren sind, dass solche Aussagen leicht nachzuprüfen sind und sie dann als Lügner oder Angeber entlarvt werden. Ist dies einmal geschehen, wird es schwierig für das Kind, die anderen erneut von bestimmten Dingen zu überzeugen. Wenn ein Kind aus solchen Gründen flunkert, sollten die Eltern versuchen, das Selbstwertgefühl des Kindes zu stärken. Nun heißt es, die Dinge zu fördern, die das Kind besonders gut kann, so dass es keine Fähigkeiten herbei fantasieren muss.

Angst vor Strafe oder Schwierigkeiten: Sobald ein Kind erfahren musste, dass es schwer bestraft wird, wenn es gelogen oder etwas angestellt hat, wird es vermutlich erneut versuchen, z.B. ein Missgeschick zu verheimlichen. Das kann natürlich auch eine schlechte Note in der Schule sein. Gerade hier ist der Druck von den Eltern meist groß. Das Kind hat Angst vor der Reaktion der Eltern und den anschließenden Konsequenzen. Es ist ihm noch nicht bewusst, dass dies die Situation nur noch verschlimmert. Die darauffolgende noch heftigere Reaktion führt dann zu einem weiteren Anstieg des Angstpegels. Ein nicht endender Kreislauf beginnt...

Vorbild Eltern: Wenn ein Kind des Öfteren erleben muss, wie seine eigene Eltern bei jeder Gelegenheit lügen, ist es natürlich kein Wunder, wenn es die Wahrheit auch nicht mehr ganz so ernst nimmt. Die so genannte "Notlüge", die Erwachsene in manchen Situationen für durchaus vertretbar halten, empfinden Kinder meist als glatte Lüge! Besonders schlimm ist es, wenn Eltern ihre Kinder belügen, auch wenn sie meinen, dass es nur das Beste ist, um ihnen eine vielleicht schmerzhafte Wahrheit vorzuenthalten oder abzuschwächen. Das Vertrauensverhältnis innerhalb der Familie sollte stabil bleiben. Dazu gehören manchmal auch unangenehme und traurige Nachrichten.

Wie soll man sich verhalten, wenn man sein Kind bei einer Lüge erwischt hat?

  • Zunächst sollte man ganz ruhig bleiben und nicht geschockt, beleidigt oder gekränkt sein. Dann betreibt man Ursachenforschung: Warum hat es gelogen? Schuldbekenntnisse einzufordern oder Moralpredigten zu halten, wäre jetzt völlig falsch. Das Kind fühlt sich dann klein und wertlos und möchte seine Fehler nicht eingestehen, um sein Gesicht zu wahren. Hält das Kind hartnäckig an der Lüge fest, da es Angst davor hat, bestraft zu werden, entspannt sich die Situation vielleicht, wenn man ihm Gelegenheit gibt, seine eigene Geschichte zu erzählen ("Ich denke, dass Du jetzt nicht ehrlich bist. Magst du mir sagen, was wirklich los ist?").
  • as Kind sollte die Gewissheit haben, dass die Eltern es auch dann lieb haben, wenn es sich nicht so verhält, wie sie sich das vorstellen. So wird z.B. viel Druck genommen, die Eltern nicht zu enttäuschen, und sie dann, z.B. bei schlechten Noten, belügen zu müssen. Natürlich soll das nicht bedeuten, dass der Nachwuchs sich alles erlauben darf...
  • Wichtig ist zudem, das Kind dabei zu unterstützen, den Mut aufzubringen, die Wahrheit zu sagen und zu seinen Fehlern und Schwächen zu stehen. Wenn es etwas angestellt hat, sollte man erst klären, wie es dazu gekommen ist, wie das Kind sich dabei bzw. danach gefühlt hat und wie es das wieder gutmachen möchte.
  • Fatal wäre es, das Kind vor anderen Menschen (insbesondere anderen Kindern) zur Rede zu stellen. Die Blamage ist dann riesengroß. Man sollte mit dem kleinen Schwindler möglichst immer alleine sprechen, um herauszufinden, warum er geflunkert hat.
  • Niemals sollte mit harten Strafen oder sogar körperlicher Gewalt gedroht werden. Falls das Lügen Konsequenzen nach sich zieht, müssen diese gut begründet werden! Falls sich das Kind bei jemandem entschuldigen muss, fällt es ihm eventuell leichter, wenn es dabei nicht alleine ist.

Das Lügen bzw. die Wahrheit sagen sollte durchaus ein Thema innerhalb der Familie sein. In einem oder mehreren Gesprächen kann darüber diskutiert werden, warum manche Menschen lügen, warum andere dadurch verletzt werden können und was passiert, wenn jemand häufig lügt. Auch Situationen, in denen die Eltern mal gelogen haben, als sie noch klein waren, wie sie sich dabei gefühlt haben und welche Auswirkungen das hatte, können Gesprächsthema sein. Das Kind erfährt, dass seine Eltern auch mal Fehler gemacht haben. Dies baut Brücken und verringert die Scham.

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